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Ein Volk zwischen den Fronten
GESELLSCHAFT | HMONG (15.01.2007)
Von Michael Billig
Ursprünglich kommen sie aus China, wo auch heute noch der größte Teil von ihnen lebt. In Laos sind einige wenige von ihnen in der Regierung. Die meisten verstecken sich aber vor eben dieser. Viele sind schon vor 30 Jahren nach Amerika geflohen: die Hmong.

Dass ein besonders von westlichen Rucksacktouristen für seine Gediegenheit geschätztes Land alle Jahre wieder wegen der Verfolgung von Minderheiten in die Negativschlagzeilen gerät, verwundert doch. Erst vor zwei Wochen warnte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor der Abschiebung von 6.500 Hmong-Flüchtlingen nach Laos. "Bei ihrer Rückkehr müssen sie um ihr Leben fürchten", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Seine Befürchtung basiert auf einer Untersuchung von Rebecca Sommer, Hmong-Expertin der GfbV. Sie hatte hunderte Interviews mit in Thailand Schutz suchenden Hmong geführt. Diese hätten von Vergewaltigungen, Massakern und weiteren schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Laos berichtet.

Das passt wahrlich nicht in das Bild, welches die Laotische Revolutionäre Volkspartei (LRVP) und die Regierung, was in einem Einparteienstaat quasi das Gleiche ist, nach außen hin präsentieren. Sie zeigen Bereitschaft für einen besseren Umgang mit den Hmong insbesondere und den ethnischen Minoritäten im Allgemeinen. Offiziell betonen sie den Schutz kultureller Identität sowie die Verbesserung des materiellen und geistigen Lebens aller Völker. Um so mehr irritieren die negativen Botschaften von Menschenrechtsorganisationen. Amnesty International ist nach eigenen Angaben im Besitz eines Videobandes, das die Ermordung von Hmong-Jugendlichen durch eine Gruppe laotischer Soldaten im Mai 2004 zeigt. Der Vorfall habe sich in der nördlich der Hauptstadt gelegenen Sonder-Militärzone Saisombun ereignet. Dieses Gebiet war für Ausländer noch bis April 2006 gesperrt. In der englischsprachigen Tageszeitung Vientiane Times, die vom Ministerium für Kultur und Informationen herausgegeben wird, ließ die laotische Regierung verlauten, dass das Video eine Fälschung sei. Dabei beruft sie sich auf einen Kommandeur aus der Zone, der keine Beweise gefunden haben will. Und weil er selbst ein Hmong ist, sei er absolut glaubwürdig.
Eine Analyse der Vientiane Times hat ergeben, dass ethnische Minoritäten in der Berichterststattung allgemein wenig Beachtung finden. Und wenn doch, werden sie häufig mit Rückständigkeit und Opiumanbau in Verbindung gebracht oder thematisiert, weil sie ihr altes Dasein "in den Bergen" aufgeben und ein neues, "zivilisiertes" in der Stadt beginnen. Die laotische Regierung verweist bei Kritik darauf, dass sich die Hmong in das gesellschaftliche und politische Leben integrieren. Bei der Wahl zur neuen Nationalversammlung im April vergangenen Jahres kamen sechs von insgesamt 115 Abgeordnetensitzen auf die Hmong. Das sind vier weniger als in der Legislaturperiode zuvor. Mit Pany Yathothu ist aktuell eine Hmong die einzige Frau im Politbüro.

Neue Heimat in den USA

Die Hmong stellen in dem 5,6 Millionen Einwohner zählenden Vielvölkerstaat mit rund 230.000 Menschen (Stand 1995) die größte Minorität. Bis zur Beendigung des Bürgerkrieges im Jahr 1973 lebten rund 300.000 Hmong in Laos, die meisten wie auch heute noch in den Bergen der nördlichen Provinzen. Unter ihnen gab es in politischen Fragen selten Einigkeit. Sie vertraten eher die Interessen ihrer Familien und Clans.
Hmong Nationality Archives/Air America Archives

Hmong-Kämpfer aus der Geheimarmee von General Vang Pao. (c) Hmong Nationality Archives/Air America Archives

So kam es auch, dass die Hmong in der laotischen Geschichte häufig zwischen die Machtkämpfe im Land gerieten und auf verschiedenen Seiten agierten. Für die Gegenwart noch von Brisanz ist die "Geheimarmee" des General Vang Pao, die sich aus Hmong rekrutierte. Die zwischenzeitlich bis zu 60.000 Mann starke Truppe führte im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes CIA während des Zweiten Indochina-Krieges einen Guerillakampf gegen die kommunistischen Kräfte, unter denen aber auch Hmong waren. Es heißt, dass die US-Amerikaner den Hmong bei Kriegsgewinn einen eigenen Staat in Aussicht stellten. Im Falle der Niederlage, zu der es ja bekanntlich auch kam, wollte die Regierung in Washington ihren Verbündeten zur Flucht verhelfen. Reste der Vang Pao loyal ergebenen Hmong-Truppen leisteten noch bis in das Jahr 1980 hinein im unwegsamen Hochland von Nordlaos Widerstand. Dieser konnte nur mit Unterstützung regulärer vietnamesischer Truppenverbände gebrochen werden. Bis vor wenigen Jahren soll es noch zu Scharmützeln zwischen Hmong-Kämpfern und der laotischen Armee gekommen sein. Auslöser für die Konflikte waren die Umsiedlungspolitik der Regierung und ihre Bemühungen, den Opiumanbau zu reduzieren.
Seit dem Ende des Bürgerkrieges flohen mehr als 120.000 Hmong ins Exil nach Frankreich, Australien, die Mehrzahl in die USA. Sie besitzen heute die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Minnesota ist zu ihrer neuen Heimat geworden. Andere lebten und leben seit Jahrzehnten in thailändischen Flüchtlingslagern. Im Sommer 2004 gab es von dort aus wieder eine Auswanderungswelle in die Vereinigten Staaten.

Alte Heimat China

Historisch liegen die Wurzeln der Hmong im Reich der Mitte. Erst im 17. Jahrhundert flüchteten sie aufgrund von Verfolgungen nach Südostasien, zunächst nach Vietnam, wo heute 600.000 Hmong ansässig sind. Zwischen 1810 und 1820 erreichten sie Laos, ehe sie sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts auch nach Thailand und Myanmar ausbreiteten. Die meisten leben heute weiterhin in China. Ihre Zahl betrug dort 1982 rund fünf Millionen. Weil sie sich in der Vergangenheit dem chinesischen Kaiser widersetzt hatten, genossen die Hmong in der 1949 gegründete Volksrepublik China unter Mao Zedong verfassungsrechtlich anerkannte nationale Gleichberechtigung. Die Kommunistische Partei Chinas gestattete ihnen das Recht auf die Erhaltung ihrer Kultur und Lebensweise, auf die Benutzung ihrer Sprache und Schrift. Das änderte sich während der Kulturrevolution. In dieser Zeit wurden sie verstärkt unterdrückt. Erst seit den 1980er Jahren gibt es in China wieder eine Politik der Schaffung der Autonomie für nationale Minderheiten. Die Laotische Revolutionäre Volkspartei erkennt zwar die Gleichberechtigung aller Völker an, räumt den Minoritäten aber nicht dieses Recht auf Autonomie ein.

Weiterführende Links
http://www.gfbv.de/Gesellschaft für bedrohte Völker
   














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