Bio bis in die letzte Faser
UMWELT | MODE (04.05.2011)
Von Martin Kintrup | |
Die Herstellung des Rohstoffs Baumwolle ist mitunter ein schmutziges Geschäft und ein Musterbeispiel für den globalisierten Handel. Bio-Kleidung ist dazu eine Alternative. Von der Stange: Die meisten Bekleidungsfirmen haben inzwischen auch Bio-Kollektionen. (c) maz Der Anbau von Baumwolle ist dabei sehr problematisch. Sie benötigt in der langen Vegetationsperiode viel Wasser, zur Erntezeit aber Trockenheit. Um Ernteausfälle zu vermeiden, werden die Pflanzen eher in zu trockenen Gebieten unter künstlicher Bewässerung angepflanzt. Dafür müssen erhebliche Mengen Wasser zugeführt werden, was in ariden Gebieten starke ökologische Auswirkungen haben kann. Das Austrocknen des Aralsees - eine beispiellose Katastrophe - ist zu einem großen Teil auf intensivierte Baumwollproduktion zurückzuführen. Vergiftet beim Baumwollanbau Die weltgrößten Anbauflächen finden sich heute in China und Indien mit über 50 Prozent der Weltproduktion. Dabei handelt es sich meist um Monokulturen, welche mit Mineraldünger fruchtbar gehalten werden und durch Unmengen an Insektiziden und Herbiziden vor Schädlingen geschützt werden müssen. Die Produktion von Mineraldünger und Pestiziden führt dabei zu erheblichen Emissionen von Treibhausgasen. 4 Prozent der weltweiten Ackerflächen werden mit Baumwolle bepflanzt, dagegen werden rund 11 Prozente der weltweit verwendeten Pestizide auf Baumwollfeldern eingesetzt. Indische Arbeiter, häufig Analphabeten, versprühen ungeschützt in Europa längst verbotene und wegen steigender Resistenz der Schadinsekten immer wertloser werdende Gifte - deutsche Hersteller verdienen daran. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO vergiften sich jährlich bis zu 500.000 Menschen an diesen Pestiziden. Tausende Tote seien zu beklagen. Baumwollanbau sorgt nicht nur für ökologische, sondern auch für humanitäre Katastrophen. "Grüne Gentechnik" Für die großen Saatguthersteller wie Monsanto liegt die Lösung in der sogenannten "grünen Gentechnik". In das Erbgut der Bt-Baumwolle wurden im Labor Gene des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis eingeschleust. Dieses lässt die Pflanzen ein Gift produzieren, das für Schadinsekten tödlich ist. Das schont auf den ersten Blick ArbeiterInnen und Grundwasser, verschafft aber Monsanto eine unglaubliche Marktmacht. Das Saatgut der Bt-Baumwolle ist in Indien dreimal so teuer wie das herkömmliche. Die Saatgut- und Düngemittelpreise sind hoch, die Baumwollerlöse auf dem Weltmarkt sinken. Das hat zahlreiche indische Kleinbauern zunächst in die Überschuldung und dann in den Selbstmord getrieben - die nächste humanitäre Katastrophe! Da es bei Bt-Baumwolle bereits erste Resistenzen gibt, müssen Bauern trotzdem wieder zu Pestiziden greifen. Eine nachhaltigere, weil natürliche Lösung ist der biologische Anbau von Baumwolle. Biobaumwolle muss strengen Kriterien genügen: Es dürfen keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemittel verwendet werden, auch gentechnisch verändertes Saatgut ist tabu. Der Verzicht auf Mineraldünger, Pestizide und stark mechanisierte Ernte lässt die Treibhausgasemissionen stark sinken und verbessert gleichzeitig die Lebensbedingungen der Bauern. Der Marktanteil von Biobaumwolle ist klein, steigt aber rasant an (2001 noch 6000 Tonnen, 2010 bereits 178.000 Tonnen). In Deutschland bieten inzwischen fast alle größeren Bekleidungsfirmen Bio-Kollektionen an. Zahlreiche junge Labels setzen ausschließlich auf Biorohstoffe. Durch effiziente Vertriebswege unterscheiden sich die Preise meist nur unmerklich von anderen Markentextilien. Wer also Emissionen reduziert, auf Gentechnik pfeift und sich für eine gerechtere Entlohnung von Kleinbauern einsetzt, greift vermehrt auf Kleidung aus Biobaumwolle zurück. ---------------------------------------------------------------------------------------- Dieser Beitrag ist in der MAZ (Münsters Alternative Zeitung) erschienen. Das Onlinemagazin iley und das Printprodukt MAZ, herausgegeben von den Grünen in Münster, kooperieren auf unbestimmte Zeit. Die Idee: Onlineartikel gehen bei der MAZ in den Druck und ausgewählte Printartikel wandern bei iley ins Netz. ---------------------------------------------------------------------------------------- |