Fußball im Würgegriff der Mafia
SPORT | WETTSKANDALE (01.06.2012)
Von Annette Waschbüsch | |
Wo viel Geld fließt, wird betrogen. Und so ist der organisierte Wettbetrug im Fußball weit verbreitet, sagt Jürgen Roth. Doch das Millionengeschäft mit gekauften Spielen sei ein vergleichsweise bescheidenes Feld. „Der Wettbetrug ist nichts weiter als der Schinken zum Frühstück“, sagt der Enthüllungsjournalist und Buchautor in Münster. „Die Hauptmahlzeit gibt es woanders.“ Wenn Roth von den Verstrickungen der Fußballklubs mit der Mafia, von Geldwäsche, Korruption, Bestechung und Nötigung, von Schiebung und Koffern voller Geld berichtet, glaubt man sich mitten in einer Gangstergeschichte. Doch für Roth, der sich seit Jahren mit dem Thema befasst und Bücher wie „Mafialand Deutschland“ geschrieben hat, liegen die Verquickungen zwischen verbrecherischen Organisationen und dem Fußball auf der Hand. Spieler und Ex-Spieler, Trainer und Spielervermittler seien Mitakteure dieser kriminellen Machenschaften. Der Journalist Jürgen Roth (r.) erzählte, warum er nicht an Fair Play im Fußball glaubt. (c) K.Woestmann Gerade der osteuropäische Fußball sei ein System der Korruption und des Betrugs. „Sehr viele Mannschaften in Osteuropa haben Top-Kriminelle im Vorstand oder im Management“, sagt Roth. Über den Sport suchten Gangster ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft. Es gehe um Abhängigkeiten, Netzwerke und Seilschaften. Und das nicht nur in Osteuropa: „Gehen Sie mal in die VIP-Lounge von Bayern München, wer da alles rumhockt.“ Und bei einem ungeheuerlichen Betrugsverdacht spielt der Rekordmeister aus München eine Hauptrolle. Als die Bayern im Uefa-Cup-Halbfinale 2008 überraschend und hoch gegen St. Petersburg verloren, habe es Hinweise gegeben, dass Geld geflossen sei. Doch den Ermittlungen sei man nach einer Weile nicht mehr nachgegangen. Nach all seinen Recherchen zieht Roth eine düstere Bilanz. „Fair Play können wir uns abschminken“, so der Publizist. „Und betrogen werden am Ende vor allem die Fans.“ Roths Vortrag war der zweite Teil der vierteiligen Vortragsreihe „Nachspielzeit“ in der Frauenstraße 24 in Münster. Am 5. Juni (Dienstag) geht es mit Fanforscher Jonas Gabler um die Fankultur. Dieser Artikel ist am 31. Mai in der gedruckten Ausgabe der Münsterschen Zeitung erschienen. |