Helden unter Verdacht
SPORT | WUNDER VON BERN (26.05.2012)
Von Hardy Jackson | |
Doping im Fußball? Scheinbar kein großes Thema. Doch der Vortrag von Journalist und Historiker Erik Eggers zeigte auf, dass vermutlich sogar schon das deutsche Weltmeisterteam von 1954 leistungsfördernde Substanzen verabreicht bekam. Es war ein gut besuchter Auftakt in die Nachspielzeit. (c) Klaus Woestmann Der damalige Mannschaftsarzt Franz Loogen sowie der DFB beteuerten, es habe sich lediglich um flüssiges Vitamin C gehandelt. Doch dies scheint fraglich. „Das wurde auch damals schon oral verabreicht“, erklärte Eggers. Zudem hätten die Spieler ausgesagt, man habe Ihnen erklärt, das Mittel habe bei Ratten bewirkt, dass sie zwei Stunden länger schwimmen können. Fritz Walter & Co, so zeigt ein Einspieler einer ZDF-Dokumentation von 2004, wussten offenbar nicht, was sie da injiziert bekamen, einige wenige verweigerten die Spritze. Eggers Vortrag in der Frauenstraße 24 in Münster war der Auftakt zu einer vierteiligen Vortragsreihe, die vor der Fußball-Europameisterschaft heikle Themen rund um den Profifußball auf den Tisch bringt. „Wahrscheinlich handelte es sich um die Amphetaminart Pervitin“, so Eggers weiter. Die sei damals frei erhältlich und sehr beliebt gewesen. Auch andere Teams hätten diese womöglich benutzt. Es existierte zwar seit 1952 eine Anti-Doping-Konvention, aber: „Kontrollen oder einen Strafenkatalog gab es nicht“, erklärte der Historiker. Die anschließende Diskussion offenbarte einen Experten im Publikum: Professor Eberhard Nieschlag vom Uni-Klinikum in Münster machte einst seine Ausbildung bei Loogen, arbeitet derzeit selber am Thema Testosteron im Sport. Auch der Mediziner war der Meinung, dass „wohl etwas anders als Vitamin C“ in den Spritzen war. Schon am kommenden Dienstag findet die Vortragsreihe eine Fortsetzung, dann zum Thema „Am Ende gewinnt die Wettmafia“. Dieser Artikel ist am 25. Mai in der gedruckten Ausgabe der Münsterschen Zeitung erschienen. |