Mit der Lizenz zum Ausrasten
KULTUR | TIL SCHWEIGER (20.08.2015)
Von Olaf Götze | |
Es ist schon merkwürdig mit diesem Typen, dem Til Schweiger. Plötzlich teilen alle seine Ansichten. "Sie gehen mir auf den Sack". Ja, das gefällt mir auch. Aber er hat ja noch mehr gesagt. Zur Einschränkung des Versammlungsrechtes, da will er nicht nur härter durchgreifen. Nein, er will auch gleich die Verfassung ändern, "wenn es denn sein muss". Wer kann das noch gut finden? Aber woher dieser Sinneswandel eigentlich? Der gleiche Til Schweiger, der noch vor einiger Zeit durch die Talkshows tingelte und Werbung für die Bundeswehr in Auslandseinsätzen machte und den Afghanistankrieg verteidigte, für den Kampf für Frauenrechte. Legendär wie ihn Roger Willemsen damals im WDR auseinandernahm. Derselbe Til Schweiger will jetzt ein "Vorzeigeflüchtlingsheim" bauen. Mal abgesehen davon, dass ein Vorzeigeflüchtlingsheim nicht mehrere hundert Plätze hat, sondern die dezentrale Unterbringung die Vorzeigealternative ist, es geht jetzt also genau um die Flüchtlinge, unter anderem aus Afghanistan, die hierherströmen. Also Til Schweiger tönt nun plötzlich gegen Kriegseinsätze. Die Polarisierung an seiner Person, die hat wohl noch mit etwas anderem zu tun. Es sind genau die Zuschauer seiner Filme, seiner Wohlfühl-, Alles-wird-gut Heimatfilme, spielend in der deutschen, gehobenen Mittelschicht, die Zuschauer dieser heile Welt Filme, die sich jetzt in ihrer Ruhe gestört fühlen und gegen Flüchtlinge und ihre Unterbringung wettern. Das hat vielleicht auch Schweiger realisiert und will sich davon distanzieren. Vielleicht auch von diesem für seinen Stand nicht akzeptierbaren Pöbel. In eben diesen Filmen darf sich Til Schweiger alias Til Schweiger jedesmal einmal diesen Ausraster, diesen Wutausbrauch leisten, den er auch bei Maischberger darbot. Was die Frage aufwirft, ob es nicht doch geschauspielert war. Übrigens Schweiger im Schweiger-Film, der rastet zwar aus, schlägt aber niemals seine Frau. Stattdessen gibt es immer ein "Es tut mir sooo leid" mit anschließendem Versöhnungssex. Nein, dass wäre einfach politisch nicht korrekt in seinen Filmen und der Klasse und gesellschaftlichem Stand seiner Figuren nicht angemessen - Realität hin oder her. Jedenfalls wird sich auch Til Schweiger wieder mit CSU Generalsekretär Scheuer versöhnen, da bin ich mir sicher. Vielleicht bei einem Bundeswehr-Familienfest mit Kindergarteneinweihung. |