Kommunikationsstarke Persönlichkeit gesucht
WIRTSCHAFT | NACHGEFORSCHT (15.09.2006)
Von Michael Billig | |
Was im Jahr 1622 unter Papst Gregor XV. erstmals institutionalisiert wurde, ist im Informationszeitalter aus keinem Verein, Verband und Unternehmen mehr wegzudenken: die Öffentlichkeitsarbeit. Je professioneller desto besser. Und desto propagandistischer? Zum Thema PR gibt es inzwischen auch eine handvoll Fachzeitschriften und wissenschaftliche Magazine. (c) Michael Billig Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist in der Bundesrepublik Deutschland der Terminus ?Propaganda' stark mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten verbunden. Wie in den USA nahm man auch in der BRD eine kritische Position gegenüber diesem Begriff ein. Zur Zeit des Kalten Krieges herrschte die Auffassung, dass Propaganda immer das ist, was der andere, der Gegner macht. Fast 30 Jahre lang hat sich in der deutschsprachigen Wissenschaft niemand mehr um das Thema gekümmert. Erst ein Jahrzehnt nach dem Fall des Eisernen Vorhanges stellte man fest, dass Propaganda kaum von Public Relations abgrenzbar ist. Der Wissenschaftler Klaus Arnold meint sogar, dass der Kommunikationsprozess der selbe und Propaganda begrifflich einfach von den zwei Buchstaben ?PR' ersetzt worden sei. [2] Für beide Formen ist charakteristisch, dass sie ihre Botschaften über Massenmedien verbreiten. Deswegen gehören auch, wie in der besagten Anzeige beschrieben, Kontaktpflege zu Presse- und Medienvertretern, Konzeption und Realisierung von Pressekonferenzen, Erfolgskontrolle durch Medienresonanzanalysen sowie die Entwicklung von langfristigen Kommunikationsstrategien zu den Tätigkeiten eines Presse- und PR-Referenten. Diese müssen professionell durchgeführt werden, denn in pluralistischen Gesellschaften wie der deutschen wird die Freiheit und Kontrollfunktion der Presse hochgehalten. Die Unterwanderung durch versteckte PR gefährde jedoch die Unabhängigkeit des Journalismus, so Thomas Leif. "Die öffentliche Meinung wird zunehmend der Einflussnahme von wirtschaftlichen Interessengruppen preisgegeben", kritisiert er. Der Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten hebt hevor, dass es eben nicht nur politische, sondern auch kommerzielle und religiöse Propaganda gibt. [3] Alles begann unter Papst Gregor XV. mit der Gründung des "Congregatio de Propaganda de Fide". Diese Einrichtung war für die Verbreitung des Glaubens zuständig. Sein Nachfolger Urban VIII. stellte vier Jahre später eine Ausbildungsstätte auf die Beine. Von dort aus zogen die jungen "Hirten" in die Welt hinaus, um die "Schafe" zur "Herde Christi" heranzuführen. Heutezutage lernt der PR-Nachwuchs im Studium, bei Praktika und im Volontariat, wie Öffentlichkeit vorteilhaft hergestellt wird. Nach Klaus Merten kann kommunikative Kompetenz, dazu zählt er propagandistischen Fähigkeiten, eine Voraussetzung sein, um eine gehobene Stellung, beispielsweise in einem Verein, einem Verband oder einem Unternehmen, einzunehmen. --------------------------------------------------------- [1] Hundhausen, Carl (1975): Propaganda. Grundlagen, Prinzipien, Materialien, Quellen, Essen [2] Arnold, Klaus (2003): Propaganda als ideologische Kommunikation, in: Publizistik, 1/2003, Wiesbaden, 63-82 [3] Merten, Klaus (2000): Struktur und Funktion von Propaganda, in: Publizistik, 2/2000, Wiesbaden, 143-162 |