Geld als einziges Motiv für gute Arbeit
GESELLSCHAFT | STANDPUNKT (06.05.2009)
Von Boje Maaßen | |
Dass engagierte Arbeit zunehmend finanziell ausgedrückt und belohnt wird, ist Teil der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise. Anerkennung ist oft nicht mehr genug. Ich stelle fest, dass die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen hat, die in einem dynamischen Gesamtsystem sich wechselseitig beeinflussen. Es gibt zahlreiche Ursachenanalysen und Prognosen, die teilweise differieren und davon nicht wenige, die sich stark widersprechen. Der Prozess der Bestimmung dessen, was hier wirklich geschehen ist und geschehen wird, ist also noch nicht abgeschlossen. Eine Hauptursache der Wirtschafts- und Finanzkrise liegt in folgendem Sachverhalt und wurde meines Wissens nach noch nicht angemessen berücksichtigt: Erfolgreicher Einsatz und engagierte Arbeit werden zunehmend finanziell ausgedrückt und belohnt. Ich habe zehn Jahre als Fleischer und je fünfzehn Jahre als Lehrer und Hochschullehrer gearbeitet für einen Lohn, der mir genügte und mir gerecht erschien. Während dieser Zeit war es für mich selbstverständliche Pflicht - und für viele meiner jeweiligen Kolleginnen und Kollegen ebenfalls - ohne zusätzliche, punktgenaue finanzielle Anreize gute Arbeit zu leisten, was oft, aber natürlich nicht immer gelang. Anerkennung war genug, wenn die Wurst schmeckte, wenn die Schüler und Studenten etwas gelernt hatten, wenn man ein Lob bekam, und vor allem, wenn man mit sich und seiner Arbeit zufrieden war. Das Engagement von Menschen wird zunehmend in Geld aufgewogen. (c) pixelio.de / Knipsermann Das hat sich in der Gesellschaft entscheidend geändert, denn zumindest die Spitzenverdiener, seien es Fußballspieler, Manager oder Berühmte jeglichen Couleurs bekommen zu ihrem Grundgehalt für jeden Einzeleinsatz einen Bonus oder eine Sonderzahlung, so dass nolens volens der finanzielle Anreiz der einzige wird, der buchstäblich zählt. Das Geld wird tendenziell zum einzigen Motiv für gute Arbeit und Indikator für Anerkennung. Diese Entwicklung ist letztlich eine zynische Engführung menschlichen Wollens und gleichzeitig eine Verschleuderung von Quellen gesellschaftlichen Reichtums. Zudem enthält jeder konkrete Erfolg auch Alternativen und oft auf lange Sicht auch Misserfolge, die in der Gegenwart nicht gesehen werden können. Wird also der Erfolg in Zahlen ausgedrückt, wird er verdinglicht und schafft eine Eindeutigkeit und Deutlichkeit, die einfach nicht vorhanden sind. Diese hier geäußerte Kritik ist aber nicht so gemeint, dass auf die Weiterentwicklung oder Neukonzeption eines differenzierteren Rückmeldesystems verzichtet werden soll, betreffen sie Erfolge oder auch Schlendrian. Auch muss ich noch hinzufügen, dass eine Sonderzahlung an mich, wäre sie vor (!) der Krise erfolgt, in mir mit ziemlicher Sicherheit keinen heftigen Widerstand ausgelöst hätte. |