Vom Befürworter zum Studiengebühren-Gegner
GESELLSCHAFT | NEUER PRÄSIDENT DES STUDENTENWERKS (16.02.2012)
Von Michael Billig | |
Der Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW) ist ein Studiengebühren-Gegner. Das bringt das Amt mit sich. Seit 1. Januar besetzt mit Dieter Timmermann aber jemand diesen Posten, der als Befürworter der Campus-Maut galt. Als Rektor der Uni Bielefeld hatte er sie sogar selbst eingeführt. Als Uni-Rektor führte Dieter Timmermann Studiengebühren ein, als DSW-Präsident lehnt er sie jetzt ab. (c) DSW Bei Studierenden steht der 68-Jährige nun unter besonderer Beobachtung. Torsten Rekewitz vom studentischen Dachverband fzs sagt: „Problematisch wäre, wenn er Studiengebühren nach wie vor befürworten würde.“ Jura-Studentin Katharina Mahrt aus dem DSW-Vorstand geht davon aus, dass Timmermann seine Position geändert hat. „Ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass jemand seine Meinung ändert.“ Timmermann selbst berichtet davon, dass er vor seiner Wahl zum DSW-Präsidenten sowohl von Studierenden als auch von den Geschäftsführern der 58 Studentenwerke „intensiv“ zu seiner Einstellung zu Studiengebühren befragt worden sei. „Natürlich vertrete ich die Position des DSW“, hat er geantwortet. Doch entspricht die Position des DSW, Studiengebühren strikt abzulehnen, auch seiner persönlichen Überzeugung? Neues Amt, neue Sicht auf die Campus-Maut Damals wie heute begründet Timmermann seine Entscheidung pro Gebühr mit der mageren finanziellen Ausstattung der Hochschulen. „Sie sind seit den 1970er Jahren unterfinanziert. Ich habe in Studiengebühren eine Chance gesehen, Personalengpässen entgegen zu wirken“, sagt der emeritierte Bildungsökonom. Tutoren, Lehrbeauftragte und Hochschullehrer - 500 neue Mitarbeiter habe er aus Studiengebühren finanzieren können, rechnet Timmermann vor. „Das Geld wurde nicht in Gebäude investiert“, sagt er weiter, um dem Vorwurf der Zweckentfremdung vorzubeugen. Denn Studiengebühren durften laut Gesetz nur zur Verbesserung der Lehre kassiert werden. Doch in NRW mussten sie nicht zwingend eingeführt werden. Anders als in anderen Gebührenländern überließ die damals schwarz-gelbe Regierung in Düsseldorf ihren Hochschulen die Entscheidung. Sie konnten außerdem selbst bestimmen, wie viel sie ihren Studierenden abknüpfen wollten. Die meisten verlangten das Maximum in Höhe von 500 Euro pro Semester. Timmermann entschied sich für 350 Euro. Eine moderate Lösung, wie er findet. „Ich bin in der Gebührenfrage kein Hardliner. Wir haben auch großzügige Ausnahmeregelungen eingeführt.“ Ganz auf das Geld verzichten wollte er allerdings nicht. Und so führte die Uni Bielefeld als eine der ersten Hochschulen in NRW die Campus-Maut ein. Dass es auch anders ging, bewies die Fachhochschule Düsseldorf. Sie verlangte null Euro fürs Studium. Mittlerweile, Timmermann ist seit zweieinhalb Jahren nicht mehr Rektor der Uni Bielefeld, hat er die Perspektive gewechselt. „Studiengebühren schrecken Menschen aus bildungsfernen und nicht-wohlhabenden Schichten vom Studium ab“, sagt er als neuer DSW-Präsident. „Ich habe dazugelernt.“ Als Beispiel führt Timmermann aber nicht Deutschland, sondern England an, wo der Besuch einer Hochschule Tausende Euro an Gebühren kostet und sich junge Menschen hoch verschulden. Von britischen Verhältnissen ist Deutschland weit entfernt. Trotzdem: Immer noch müssen in Bayern und Niedersachen junge Menschen fürs Studium blechen. In Sachsen-Anhalt, so Rekewitz vom fzs, drohten Langzeitstudiengebühren. Was Dieter Timmermann machen würde, wenn er noch einmal Rektor wäre? „Ich würde Studiengebühren heute nicht mehr einführen.“ ---------------------------------------- Dieser Artikel ist in etwas gekürzter Fassung bereits in der Frankfurter Rundschau (15.2.) erschienen. |