Kunst besetzt Kunstausstellung
KULTUR | LEBENDE SKULPTUR (16.02.2009)
Von Jörg Rostek | |
In Münsters Stadthausgalerie am Platz des Westfälischen Friedens hielt ein Kunstwerk eine Ausstellung besetzt. Die Künstler sind Jae Pas. Das Kunstwerk sind die BesetzerInnen des Kulturcafés "Versetzt" in der Grevener Straße 53. Die "Autonome Skulptur" - ganz in schwarz und maskiert. Bei einer Pressekonferenz wollten die BesetzerInnen nicht erkannt werden. (c) Jae Pas Auf die etwa 200 qm große Ausstellungfläche verteilen sich Transparente, Matratzen, ein Tisch, der Fernseher samt Playstation, das Bücherregal, die Sofas. Sprich: das Wohnzimmer der BesetzerIinnen der Grevener Straße ist nicht zu übersehen. Das Künstlerduo Jae Pas hat lebende Menschen zu Kunst gemacht. Kunst, die isst, trinkt, spielt und schläft. Menschen besetzen die Galerie als "Autonome Skulptur". Von Kurator Klaus Tesching gefördert und vom Kulturamt der Stadt geduldet, leben seit dem Tag der Eröffnung der Jubiläumsausstellung des Künstlergemeinschaft "Schanze e.V." die BesetzerInnen keine zehn Meter Luftlinie vom Büro des CDU-Oberbürgermeisters entfernt. Ideale Bedingungen für die jungen AktivistInnen, um ihre Forderung nach preiswertem Wohnraum und ein soziales Zentrum zu artikulieren. Bedenkliche Situation Für die übrigen ausstellenden KünstlerInnen ist die Situation bedenklich, da eine lebende Skulptur mehr Aufmerksamkeit erregt, als die "toten" Plastiken vor Ort. Vor allem dann, wenn das KunstwerkTransparente aufhängen kann und Flyer verteilt. Der Attraktionswert der BesetzerInnen nicht zu leugnen ist. Schon das Dixi-Klo vor dem Halleneingang sorgt für Irritation. Für die BesucherInnen der Ausstellung ist es ungewohnt, auf ein Kunstwerk zu treffen, dass sich selbst zu seiner Bedeutung äußern kann und regelmäßig basisdemokratische Plena abhält. "Wir wollen Denkmauern einreißen und Vorurteile überwinden", antwortet André Pascal Stücher, Mitglied der Künstlergruppe Jae Pas auf die Frage, warum sie die BesetzerInnen der Grevener Straße 53 als Kunstwerk in der Galerie aufgestellt haben. "Das Thema Grevener Straße hat eine aktuelle Brisanz, ist aber mittlerweile stark abgenutzt. Wir haben nach einer neuen Darstellungsart des Themas gesucht und gefunden", betont er. "Die Besetzerinnen und Besetzer können hier alles entscheiden", so Enste, auch von Jae Pas, über sein soziales Kunstwerk. "Die Frage ist nicht, was ist Kunst, sondern was kann Kunst." Was der Kurator dazu sagt... "Es geht um den Kontrast zwischen offizieller verbeamteter Kunst und freier Kunst. Die Arbeit der Künstlergruppe Jae Pas hat ein Potential, das erst in der Zukunft absehbar ist", so Tesching. Laut Tesching ist diese Unberechenbarkeit der Grund, warum die Stadt Münster ihm nach dem Einzug der BesetzerInnen und der Ausstellungseröffnung mitteilte, dass er nach offizeller Schließung des Hauses um 18 Uhr "persönlich" für alle Schäden, die in der Stadthausgallerie entstünden, "haftbar" sei, da ab diesem Zeitpunkt kein Versicherungsschutz mehr bestehe. In dem Brief heißt es wörtlich: "Alle Personen und Sachschäden, die durch das Aufstellen der Passantenstopper im öffentlichen Raum entstehen, gehen ausnahmslos zu Ihren Lasten. Entsprechende Schadenansprüche Dritter sind ausschließlich von Ihnen auszugleichen." Noch bis 13. Februar Kann Kunst also die Grevener Straße retten? Tatsache ist, dass die BesetzerInnen mittlerweile vom städtischen Wohnunternehmen "Wohn- und Stadtbau" die Räumungsaufforderungen erhalten haben. Einige Parteien versuchen zwar zu vermitteln, es ist jedoch fraglich, ob sie Erfolg haben werden. Die BesetzerInnen haben mit Hilfe von "Jae Pas" ihr Territorium vorerst erweitert. Territorium, das sie mit kulturellen und informativen Veranstaltungen füllen wollen. In der Stadthausgalerie geht das noch bis 13. Februar 2009. |