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Mutter mit 35
GESELLSCHAFT | JOB & FAMILIE (15.05.2007)
Von Michael Billig
Überall liegen Spielsachen auf dem hellen Holzfußboden verteilt: Puppen, Klötze und Kinderbücher. Mitten im Büro von Jutta Schustermann.

Die 37-jährige Mutter hat sich beruflich selbstständig gemacht und arbeitet von Zuhause aus. Heute scheinbar nicht, denn sonst wäre aufgeräumt. "Zum Schreiben brauche ich meine Ruhe", sagt sie. Das strahlt das Zimmer - wenn man nicht nach unten guckt - auch aus. An den weißen Wänden sind dezent ein paar Bilder angebracht. Auf einem ist ihre kleine Familie herum tobend zu sehen. Der Urlaub in Dänemark, daran denken Jutta und ihre Ehemann Martin gern zurück. "Das war schön, vor allem für Svenja." In ferne Länder wollen die beiden nicht reisen, nicht so lange Svenja noch klein ist.

In ein paar Tagen hat sie Geburtstag. Zwei Jahre wird sie alt. Als würde sie sich schon jetzt darauf freuen, springt Svenja in der Küche herum. Immer irgendwelche Gegenstände in ihren kleinen Händen haltend. Mutter und Vater sitzen am Tisch und sehen entspannt auf das bunte Treiben. "Es kann auch nervend sein", berichtet Jutta von anderen Tagen. "Dann ist es gut, wenn man das Gefühl mit jemanden teilen kann."
Sie und Martin waren bereits verheiratet, bevor Svenja das Licht der Welt erblickte. Die Hochzeitsreise führte nach Schottland. Darauf folgten dreieinhalb Wochen Mexiko. "Wir wollten erst mal unsere Zweisamkeit genießen", sagt Martin. "Außerdem hätte ich mich vorher mit einem Kind überfordert gefühlt." Inzwischen hat er die 40 erreicht, eine Ich-AG gegründet und arbeitet als Disk-Jockey. 700 CDs und rund 1000 Schallplatten umfasst seine Sammlung, akkurat in Regalen im Wohnzimmer untergebracht. Auch hier ist der Fußboden mit Spielzeug belegt.

"Ein sehr bewusster Schritt"

"Ein Kind zu bekommen, war ein sehr bewusster Schritt", sagt Jutta. Im Alter von 25 Jahren hat sie zunächst ein BWL-Studium abgeschlossen, später zunächst im Bereich Marketing gearbeit und dann als freiberufliche Texterin selbstständig gemacht. "Das musste erst mal wachsen", betont sie. Neben dem Wunsch nach Zweisamkeit ein weiterer Grund, warum die heute 37-Jährige erst mit 34 schwanger und mit 35 Mutter wurde. Gesundheitliche Risiken aufgrund ihres Alters hatte sie nicht befürchtet. "Natürlich hofft man, dass alles gut verläuft", räumt sie ein. Zwei medizinischen Tests bestätigten jedoch ihr positives Gefühl.

Auch das geschäftliche Konzept ging auf. Ihr Schreibtisch im Büro befindet sich direkt unter dem Fenster. Hier verfasst sie Image- und Produktbroschüren für Unternehmen. Doch gerade ist der Computer ausgeschaltet. Das ist von der Küche aus gut zu sehen, wo Svenja inzwischen auf dem Schoß ihrer Mutter sitzt. Gemeinsam schauen sie sich ein Bilderbuch an.
Die Fotos an der Küchenwand zeugen von Ausflügen in die fränkische Schweiz. Seit acht Jahren fahren Jutta und Martin regelmäßig dorthin, erzählen sie. Beide wandern sehr gern. Svenja war auch schon mit. "Im Tragerucksack. Das ging total gut", erinnert sich Jutta, während sie im Buch eine Seite weiter blättert. "Wir konnten uns auch überhaupt nicht vorstellen, sie mal wegzugeben."
Als klar war, dass Martin arbeitslos werden würde, hatte das Paar eine wichtige Entscheidung bereits getroffen: "Er hat den Erziehungsurlaub genommen", blickt seine Ehefrau zurück und fügt mit einem Lächeln hinzu: "Irgendwie hat alles gepasst". Während sie Termine hatte oder Texte geschrieben hat, war er mit der Svenja unterwegs und organisierte den Haushalt. Für die Schwangerschaft und die erste Zeit nach der Geburt hatten beide Geld angespart, um Engpässen vorzubeugen. Jutta Schustermann war und ist Hauptverdiener in der Familie. Kurz nach dem Wochenbett arbeitete sie wieder. Sie sagt, ihre Kunden haben ihr viel Verständnis und Flexibilität entgegen gebracht. Schließlich mussten Besprechungen und Termine außer Haus mit den Stillzeiten fürs Baby kombiniert werden. Fünf Monate dauerte diese Phase an.

Inzwischen ist Svenja zwei mal in der Woche bei einer Tagesmutter. Jutta und Martin genießen es, wieder ein bisschen mehr Zeit für sich zu haben. Und auch mit ihrer Figur ist Jutta wieder zufrieden: "Die Schwangerschaft war super, aber die Rückbildung hat sich lange hingezogen." An ein zweites Kind denkt das Ehepaar vorerst nicht. Für Svenja ist jetzt Schlafenszeit. Ihre Mutter trägt sie ins Bett. Und wer räumt die Spielsachen vom Fußboden?
   











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