Ausflug zur Familienmesse
WIRTSCHAFT | BESUCHT (15.11.2006)
Von Tim Köhler | |
Alles fürs Baby und alles rund ums Kind. Junge Familien sind bei den Babyausstattern gerne gesehen. Für die Kleinen nur das Beste, das versteht sich von selbst. Vorder- und Rückseite der Eintrittskarte (c) Eintrittskarte Betrachtet man jedoch die deutsche Alterspyramide, stellt man einen Rückgang der Geburten fest. 1964 wurden circa 1,3 Millionen Menschen geboren, 2005 waren es nur noch halb so viel. Das statistische Bundesamt prognostiziert für das Jahr 2050 eine Gesamteinwohnerzahl von 68,7 Millionen (heute sind es 82.4 Millionen). Sind die Deutschen bald Mangelware? Beim Besuch Familienmesse lässt sich der Beweggrund vieler Deutscher erahnen. Angehöriger der Zielgruppe "junge Familie" zu sein, scheint mit wandelnden Geldbeutel gleichzukommen. Der Babyausstatter winkt mit einem Kinderwagen der Extraklasse: Nur 1 000 Euro. Unter 400 Euro geht sowieso nichts. Volkswagen präsentiert nicht den Caddy-Life für 10 000 Euro, sondern einen T5 mit allen Extras für 40 000 Euro. Doch eins nach dem anderen. Die Messehalle Gleich nach dem Eintreten in die Messehalle kam auch schon ein freundlicher, sich dezent anpirschender junger Mann mit Gel-Frisur und erkundigte sich unaufdringlich, ob wir denn im Besitz einer sogenannten BSW-Karte wären. Nach einer überraschten und viel zu spontanen Verneinung dieser Frage, hatte er gleich einen passenden Nachsatz am Start: "Dann wird es aber Zeit." Diese Meinung konnten wir nicht teilen, also ging es weiter. Im Eiltempo vorbei an gleichartigen Dienstleistungsunternehmen, Tupperware und McDonalds (schon auf der Eintrittskarte präsent, siehe Bild) sowie wahnsinnig vielen mobilen Kinderaufbewahrungsmodellen. Eine riesige Hüpfburg, ein Karussell und weitere Attraktionen sorgten bei den Kleinen für viel Spaß und Ablenkung. Gut, wenn die Kleinen beschäftigt sind, dann können die Großen sich ganz in Ruhe dem Einkaufstrubel widmen. Oder einfach einen Hot Dog essen. An dieser Stelle sei bemerkt, dass die kulinarische Versorgung in der Messehalle alles andere als lecker war. Neben dem gesunden Imbiss vermissten wir auch Aussteller, die Bioprodukte anbieten. Dagegen gut vertreten waren die für junge Familien interessanten Ämter. Zugehört Trotz eines recht improvisierten Vortragsraumes waren die von uns gehörten Vorträge erstklassig. Es sprach Birgit Ahr vom Familienzentrum am Anger (Erfurt) und Dipl.-Med. Reinhard Böhner vom Gesundheitsamt Erfurt, der seinen Vortrag leider nur für vier Zuhörern hielt. Wut im Bauch - Aggression im Säuglings- und Kleinkindalter Frau Ahr ist systemische Beraterin und Familientherapeutin. Sie engagiert sich im Familienzentrum am Anger (Träger: Frauen- und Familienzentrum Erfurt e.V.) und konnte das Thema anhand praktischer Beispiele gut auflösen. Sie unterstrich die Bedeutung eines Lobes für Kinder und riet zur Ignoranz in brenzligen Situationen. Außerdem machte sie den Hörenden bewusst, dass Kinder Verhaltensweisen der Eltern übernehmen. "Nein, meine Suppe es' ich nicht!" - Gesunde Ernährung für Säuglinge und Kleinkinder Das Gesundheitsamt Erfurt konnte nicht nur in der Messehalle mit wertvollen Informationen dienen, sondern auch durch den Vortrag mit Herrn Böhner glänzen. Er machte u.a. deutlich, dass der Mensch ein Säugetier ist und dass ein Baby beim Stillen alle notwendigen Nahrungsmittel erhält. Das Zugeben von Brei wird ab dem sechsten Monat empfohlen, kann aber auch erst nach einem Jahr geschehen. Fazit Wer keinen Kredit für die Erstausstattung aufnehmen möchte, kann sich den Weg zum hiesigen Babyausstatter sparen. Gebrauchte und sehr günstige Ware findet sich auf regionalen Babyflohmärkten, die von Kindergärten organisiert werden. Wer auf Neuware nicht verzichten möchte, sollte mal einen Seitenblick zu Naturtextilien wagen. |