Die Klassenkämpferin
POLITIK | ROSA LUXEMBURG (30.10.2013)
Von Frank Fehlberg | |
Von der Antimilitaristin bis zur Märtyrerin einer "demokratischen" Arbeiterdiktatur - die Rolle von Rosa Luxemburg war schillernd und ihre Stellung in der sozialistischen Bewegung umstritten. Rosa Luxemburg: "Die Zukunft gehört dem Bolschewismus." (c) Luxemburg-Stiftung Heirat zum Schein 1898 heiratete sie zum Schein einen Deutschen, um in Deutschland politisch tätig werden zu können. Im selben Jahr trat sie in die SPD ein und griff alsbald vom linken Flügel aus die "Revisionisten" um Eduard Bernstein an. Diese wollten die Ziele der Arbeiterbewegung durch Reformen erreichen, während Luxemburg den marxistischen Standpunkt der Revolution vertrat. Als Ort ihrer Auseinandersetzung wählte sie die Leipziger Volkszeitung. In der Partei hatte sie sich nicht zuletzt aufgrund ihrer scharfen Artikel in der LVZ den Ruf einer "lebhaften Kampfnatur" (Max Schippel) erworben. Der Einfluss der SPD-Linken um Liebknecht und Luxemburg machte die LVZ über Jahre zum innerparteilichen Organ der Antirevisionisten. Gefängnis wegen Majestätsbeleidigung 1904 wurde Luxemburg wegen Majestätsbeleidigung das erste Mal zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. 1905 nahm sie an Streiks und Demonstrationen in Warschau teil und forderte nach ihrer Rückkehr von der SPD die Vorbereitung eines Generalstreiks zur Einleitung der Revolution. 1906 folgte in Deutschland eine weitere Verurteilung wegen "Anreizung zum Klassenhass" - Luxemburg hatte ihren Ankündigungen Taten folgen lassen. 1907 nahm sie eine Lehrtätigkeit an der SPD-Parteischule in Berlin auf. Gruppenaufnahme mit Lehrern an der SPD-Parteischule in Berlin, u.a. Franz Mehring, Rosa Luxemburg, August Bebel und Wilhelm Pieck. (c) AdsD der Friedrich-Ebert-Stiftung Ihre Studien über die wirtschaftliche Lage verschiedener europäischer Länder sowie den wachsenden Militarismus und Imperialismus mündeten 1913 in ihr ökonomisches Hauptwerk "Die Akkumulation des Kapitals". Während des Ersten Weltkrieges war Luxemburg eine der führenden Kriegsgegner innerhalb der Sozialdemokratie. Sie war ab 1914 wesentlich am Aufbau der "Spartakusgruppe" beteiligt und erhielt für ihre Tätigkeit insgesamt mehr als drei Jahre Gefängnis. Nach ihrer Freilassung am 9. November 1918 stellte sie sich mit Karl Liebknecht an die Spitze eines kommunistischen Umsturzversuchs. Sozialismus "im Nebel der Zukunft" Im Dezember 1918 schrieb Luxemburg das Programm des "Spartakusbundes" und der späteren KPD. Um den "gewaltigsten Bürgerkrieg" der Weltgeschichte für den Sozialismus zu gewinnen, rief sie zur gewaltsamen Bekämpfung seiner Gegner auf: "All dieser Widerstand muß Schritt um Schritt mit eiserner Faust und rücksichtsloser Energie gebrochen werden." Bei aller Kritik an den regierenden sozialdemokratischen "Scheidemännern" (nach Philipp Scheidemann) um Friedrich Ebert: Eine konstruktive Rolle konnte der revolutionäre Marxismus bei der Gestaltung der deutschen Republik kaum spielen. "Was wir in unserem Programm besitzen, sind nur wenige große Wegweiser, die die Richtung anzeigen, in der die Maßnahmen gesucht werden müssen, dazu vorwiegend negativen Charakters", so Luxemburg. In einer nach ihrem Tod erschienenen Kritik der russischen Oktoberrevolution 1917 unter Wladimir I. Lenin gab sie zu, dass "die praktische Verwirklichung des Sozialismus als eines wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Systems […] völlig im Nebel der Zukunft liegt". Während Lenin in ihren Augen statt einer Klassen- eine Parteidiktatur errichtete, strebte sie eine "demokratisch" geprägte Herrschaft der Arbeiterklasse an. Die unbedingte "Freiheit des anders Denkenden", die sie einforderte, erfuhr durch diesen strikten Klassenstandpunkt eine Einschränkung. "Und in diesem Sinne gehört die Zukunft überall dem ‚Bolschewismus‘", so Luxemburg abschließend. Sie wurde am 15. Januar 1919 in Berlin von Freikorpsangehörigen ermordet. |