Gründer der ersten deutschen Arbeiterpartei
POLITIK | FERDINAND LASSALLE (10.07.2013)
Von Frank Fehlberg | |
Die kaufmännische Bildung an der Öffentlichen Handelslehranstalt in Leipzig sagte ihm nicht zu. Ferdinand Lassalle fühlte sich zum Philosophen berufen. Er kehrte als Gründer der ersten deutschen Arbeiterpartei nach Leipzig zurück. Seine Kritiker hielten ihn für selbstverliebt: Ferdinand Lassalle (c) Bundesarchiv Als Jude durfte er nicht an die Universität Eine Karriere an der Universität blieb ihm als Juden verwehrt, als Journalist wollte er sich andererseits auch nicht "verkaufen". Seinen Lebensunterhalt konnte er als juristischer Autodidakt an der Seite der Gräfin Sophie von Hatzfeldt bestreiten, für die er von 1846 bis 1856 eine lange Reihe von Prozessen in einer Scheidungssache führte. 1848 rief er in Düsseldorf zum bewaffneten Kampf für die Frankfurter Nationalversammlung auf und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. In der Revolution lernte er Karl Marx und Friedrich Engels kennen und wurde zunächst ein Unterstützer des Bundes der Kommunisten. Zunehmend geriet Lassalle aber aufgrund eigenständigen Denkens in die Kritik. 1859 veröffentlichte er zur Aufarbeitung der gescheiterten Revolution das Reformationsdrama "Franz von Sickingen", in dem Marx und Engels einen eindeutigen Klassenstandpunkt vermissten. Nicht von Sickingen, als Ritter einer "untergehenden Klasse" angehörig, könne Protagonist einer Revolutionsgeschichte sein, sondern nur die Masse der Untertanen, die einen Umsturz letztlich ermöglichte. Die Sickingen-Debatte wurde zum Prototyp marxistischer Literaturkritik. Revolution eine "Torheit unreifer Menschen" 1862 entwarf Lassalle das Arbeiterprogramm. Er zeigte sich als radikaler bürgerlicher Demokrat, der "Revolution machen wollen" für eine "Torheit unreifer Menschen" hielt und die besitzorientierte Bourgeoisie, nicht das Bürgertum als Ganzes, angriff. "Arbeiter sind wir alle, insofern wir nur eben den Willen haben, uns in irgend einer Weise der menschlichen Gesellschaft nützlich zu machen", so Lassalle als Sozialist. Er zog endgültig einen Trennstrich zur Klassenkampfdoktrin von Marx und Engels. Vom Leipziger Zentralkomitee zur Vorbereitung eines deutschen Arbeiterkongresses wurde er gebeten, an der Gründung eines deutschen Arbeitervereins mitzuwirken. Mit dem Offenen Antwortschreiben im März 1863 brachte er die Leipziger auf seine Seite. Er forderte eine von der wirtschaftsliberalen Fortschrittspartei unabhängige deutsche Arbeiterpartei. Politisch sollte sie das allgemeine und gleiche Wahlrecht, ökonomisch Staatseingriffe für die genossenschaftliche Eigeninitiative der Arbeiter anstreben, um das eherne Lohngesetz der Entlohnung am Existenzminimum schrittweise zu brechen. Am 23. Mai 1863 konstituierte sich schließlich in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein mit einer straffen Organisation und dem Präsidenten Lassalle an der Spitze. Der Tag wird als Gründungsdatum der deutschen sozialdemokratischen Parteiorganisationen betrachtet. Geheime Treffen mit Bismarck Der gerade ins Amt berufene Preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck hatte Lassalle kurz vor Gründung des ADAV eingeladen, seine Meinung zur Arbeiterfrage darzulegen. Beide fanden aufgrund ihrer Abneigung gegen die Fortschrittspartei zusammen. Sie erörterten in geheimen Gesprächen eine Zusammenarbeit zwischen preußischem Konservatismus und Arbeiterklasse in einer sozialen Diktatur mit revolutionärem Volkskönigtum. Zu einer Diktatur in ihrem Interesse neigten die Arbeiter ohnehin, so Lassalle mit Blick auf die Organisation seines Reiches, des ADAV. Später wurden diese Äußerungen von marxistischen Kritikern als Entlarvung eines selbstverliebten Lassalle gewertet, während sie selbst die Diktatur des Proletariats propagierten. Wie auch Bismarck ein unbedachter Duellant, forderte ein unglücklich verliebter Ferdinand Lassalle im August 1864 das letzte Mal Genugtuung ein. Er starb im Alter von 39 Jahren an den Folgen einer Schussverletzung. |