Der Revolutionär
POLITIK | KARL LIEBKNECHT (30.10.2013)
Von Frank Fehlberg | |
Kaum einer verkörperte die Spaltung der Sozialdemokratie im Ersten Weltkrieg so sehr wie er. Als Sohn des Parteiurgesteins Wilhelm Liebknecht in Leipzig geboren, war ihm der Sozialismus in die Wiege gelegt. Er starb als kommunistischer Revolutionär. Karl Liebknecht stimmte am 2. Dezember 1914 als einziger Reichstagsabgeordneter gegen weitere Kriegskredite. (c) Wikipedia In Berlin begann er 1900 seine parteipolitische Laufbahn in der SPD. 1907 wurde er wegen seiner kritischen Schrift "Militarismus und Antimilitarismus" zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt. 1912 wurde Liebknecht in den Deutschen Reichstag gewählt. Mit scharfzüngigen Reden wandte er sich gegen den Militarismus nach außen und innen sowie das undemokratische preußische Dreiklassenwahlrecht. 1913 argumentierte Liebknecht mit dem "Soldatenkatechismus" von Ernst Moritz Arndt gegen die obrigkeitliche Behandlung von Rekruten in der Armee und deren möglichen Einsatz gegen "innere Feinde". Politischer Tiefpunkt der Sozialdemokratie Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges sprach sich Liebknecht gegen die Zustimmung der SPD zu den nötigen Kriegskrediten aus. Den 4. August 1914 - als die SPD-Reichstagsfraktion geschlossen für die Kriegskredite stimmte - betrachtete Liebknecht als politischen Tiefpunkt der Sozialdemokratie. Hatte er sich zunächst der sozialdemokratischen Fraktionsdisziplin gebeugt, so stimmte er am 2. Dezember 1914 als einziger Reichstagsabgeordneter gegen weitere Kredite. Er brandmarkte den "imperialistischen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes" und die Unterdrückung der Völker zugunsten der "herrschenden Klassen". Liebknechts agitatorische Arbeit gegen den "Hauptfeind im eigenen Land" brachte ihm 1916 den Fraktionsausschluss, den Verlust seiner Mandate und zwei weitere Jahre Haft ein. Im Gefängnis arbeitete er an der theoretischen Grundlage seiner Ziele. Die "mystische" Arbeitswertlehre von Karl Marx nannte er eine "Erbsünde" der "bürgerlichen Theorie", Ausbeutung sei kein Produktions- sondern ein Verteilungsproblem, abhängig allein von gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Er leitete den Klassenkampf aus dem Darwinismus ab und hielt Gewalt im Sinne einer sozialen Höherentwicklung für gesellschaftlich notwendig. KPD-Gründer Wenige Tage nach seiner Freilassung rief Liebknecht in der Revolution vom 9. November 1918 die "freie sozialistische Republik Deutschland" aus. Er verfolgte einen Umsturz in Anlehnung an die bolschewistische Räterepublik in Russland. Zwei Stunden vor ihm hatte jedoch der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die "deutsche Republik" ausgerufen. Eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten lehnte Liebknecht ab, forderte die Trennung selbst von der linken USPD und gründete schließlich am 30. Dezember 1918 die Kommunistische Partei Deutschlands mit. Der Konflikt zwischen sozialdemokratisch geführter Regierung und revolutionären Sozialisten und Kommunisten entlud sich im Januar in blutigen Straßenkämpfen in Berlin. Der Aufstand linksradikaler Kräfte wurde von regierungstreuen Truppen und rechtsradikalen Freikorps niedergeschlagen. Liebknecht machte die "Arbeitermörder" Friedrich Ebert, Gustav Noske und Scheidemann als "Bruderverräter" für das vorläufige Scheitern der "Revolution des Proletariats" verantwortlich. Er drohte der "Drachensaat" mit ihrem baldigen Untergang "in glühender Asche und Lavaströmen". Am 15. Januar 1919 wurde Karl Liebknecht von rechtsgerichteten Freikorpssoldaten ermordet. |