60 Jahre Befreiung vom Faschismus
GESELLSCHAFT | KULTURSTADT (15.04.2005)
Von Marcus Häußler † | |
Es ist ein runder und andächtiger Jahrestag, zu dem ranghohe Politiker nach Buchenwald gereist sind. Bedauerlichen Tendenzen im Land zum Trotz redete Kanzler Schröder von der moralischen Verpflichtung Deutschlands, Gewalt und Unrecht nicht mehr zuzulassen. Mit ihm mahnten mehr als 500 ehemalige Häftlinge gegen das Vergessen nationalsozialistischer Verbrechen auf der Gedenkfeier zur Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald. Nur noch wenige Überlebende können ihre eigenen Erlebnisse schildern. Um so wichtiger sei der Dialog zwischen Zeitzeugen und Jugendlichen, damit Erfahrungen weitergeben werden können, lautet der Aufruf der Alten. Ein Großaufgebot von Polizeikräften aus Thüringen, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sorgte indes dafür, dass die betagten Gäste der Stadt nicht von 'politisch Desorientierten' gestört wurden. Die Übermacht von Ordnungshütern verteilte über 100 Platzverweise und nahm zwei Personen in Gewahrsam. Weimars neuestes Denkmal ehrt die US-Veteranen, die am 12. April 1945 die Stadt von der Nazi-Herrschaft befreiten. Am heutigen Standort des Ehrenmals an der Schwanseestraße zogen vor 60 Jahren die amerikanischen Soldaten stadteinwärts. Einige Dutzend von ihnen fanden sich auf Einladung der Kulturstadt zur feierlichen Einweihung des Muschelkalkquaders ein. Ebenfalls anwesend war Helen Patton-Plusczyk, Enkelin des US-Generals George S. Patton, Jr. unter dessen Führung die 3. Armee damals Weimar und das Konzentrationslager Buchenwald befreite. "Als er Buchenwald sah, musste er sich übergeben angesichts des Leids", berichtet Patton-Plusczyk, die ihren Großvater aus Tagebüchern und Briefen kennen gelernt hat. Er war es, der veranlasste, Weimarer in das nahegelegene Konzentrationslager zu führen, um ihnen die menschenverachtenden Verhältnisse des Nationalsozialismus in ihr Gedächtnis zu brennen. Gewöhnen muss man sich an dieses Manifest US-amerikanischen Heldentums in Thüringen, denn vor weniger als 20 Jahren noch, waren die russichen Soldaten Befreier vom Faschismus. Dass in Thüringen im Tausch gegen Westberlin nach dem Zweiten Weltkrieg sowjetische anstatt amerikanische Fahnen wehten, ist ein Kuriosum. How Ever! Seinem persönlichen Antiamerikanismus muss letztendlich jeder selbst Herr werden. |