Daumen hoch, Daumen runter
WIRTSCHAFT | BEWERTUNGEN FÜR PRAKTIKA (23.02.2011)
Von Michael Billig | |
Ob spickmich.de, meinprof.de oder docinsider.de – Bewertungsplattformen im Internet haben Hochkonjunktur. Mit meinpraktikum.de geht jetzt bereits die dritte Website für die Beurteilung von Praktika online. Die Betreiber haben selbst eine Firma gegründet und kooperieren mit Unternehmen, die bewertet werden sollen. Wie sieht Dein Wunschpraktikum aus? Haben sich die Wünsche erfüllt? Auf Bewertungsplattformen können Praktikanten ihr Urteil abgeben. Auch Firmen wollen mitmachen. (c) meinpraktikum.de Rund 1500 Bewertungen sind innerhalb kurzer Zeit eingegangen. Die ersten paar hundert sammelten die Seitenbetreiber, als sie im November durch 27 Hochschulen tourten, um für ihr Projekt zu werben. Das eigene Studium, Wirtschaftswissenschaften an der Privatuni Witten-Herdecke, liegt vorerst auf Eis. Ihr Vorhaben nimmt sie voll in Anspruch. Schließlich wollen sie damit auch Geld verdienen. Dazu haben sich Peuckert und Pütz ein Geschäftsmodell ausgedacht, dass auch die Unternehmen auf die Plattform holt. Diese dürfen bei entsprechender Bezahlung neben die Bewertung der Nutzer Fotos, Videos und die neuesten Nachrichten aus ihrem Hause stellen. "Studenten wollen wissen, wie ihr Arbeitsumfeld aussieht", sagt Peuckert. "In Zeiten von demografischen Wandel wollen Unternehmen die besten Leute an sich binden", argumentiert der 25-Jährige weiter. Seine Rechnung geht offenbar auf. Einige Firmen konnte er bereits für meinpraktikum.de gewinnen. Wer mitmacht gilt als Partner der Bewertungsplattform. Zu dieser Partnerschaft gehört auch, dass die Seitenbetreiber Interviews führen. Darin erzählen Personalleiter, was sie Praktikanten bieten und von ihnen erwarten. Peuckert sieht das pragmatisch. Seit Bachelor und Master bliebe Studierenden nur wenig Zeit, sich nach einem geeigneten Praktiumsplatz umzusehen. Er will ein möglichst "umfassendes Angebot" bereitstellen, dazu sollen künftig auch Stellenanzeigen zählen. Falsche Praktikanten und Einschüchterungsversuche Die Sorge, dass Partnerfirmen unliebsame Bewertungen gern gelöscht sehen würden, hat Peuckert nicht. "Sie haben keinerlei Einfluss auf die Bewertung", beteuert er felsenfest. Wenn eine schlechte Bewertung abgegeben werde, bekämen Unternehmen lediglich die Chance, dazu Stellung zu beziehen. Daneben gebe es klare Bewertungsregeln. So dürften Betriebsgeheimnisse nicht ausgeplaudert werden, Beleidigungen und Denunzationen seien ebenfalls tabu. Dass es Versuche gibt, Praktikabewertungen zu manipulien, davon kann André Meier berichten. Er hat gemeinsam mit einem anderen Münchner Studenten vor zweieinhalb Jahren die Plattform prakti-test.de gestartet, nur die Bewertungsplattform der DGB-Jugend ist länger im Netz. Die Regeln sind ähnlich wie bei der neuen Konkurrenz. "Wir haben schon mal einen Personalleiter erwischt", erzählt Meier. Der habe versucht, eine positive Bewertung abzugeben. Aufgeflogen sei der falsche Praktikant, weil er sich mit der E-Mail-Adresse seines Arbeitsgebers angemeldet hat. Unternehmen versuchten noch anderweitig, Einfluss zu nehmen. Seit prakti-test.de online ist hat Meier mehrere Briefe von Anwälten, die mit Klagen drohten, aus seinem Briefkasten gefischt. Anfangs mag er deswegen noch nervös gewesen sein. Heute sagt der 23-Jährige gelassen: "Das schadet nur den Unternehmen. In der Regel sind sie nach einem kurzen Telefonat einsichtig." Im Unterschied zu den Jungunternehmern aus Witten macht Meier aus seiner Plattform bislang kein Geschäft. Die bewerteten Firmen sind nicht seine Partner. "Wir stellen schlechte Praktika bloß und weisen auf gute hin", sagt er. Allerdings wurden auf prakti-test.de erst rund 500 Bewertungen abgegeben, bei der DGB-Jugend sind es mehr als 1300. "Die meisten Praktika sind gut", bilanziert Meier. Im deutschen Bundestag gab es im Dezember eine Debatte darüber, was ein faires Praktikum überhaupt ausmacht. Aus der Opposition hörte man etwa die Forderung, Studierende und Azubis im Praktikum sollten mindestens 300 Euro Aufwandsentschädigung erhalten. Außerdem dürfe die Laufzeit drei bis sechs Monate nicht überschreiten. Längst nicht alle Parlamentarier sind dieser Meinung. Und solange keine verbindlichen Regeln für Prakika existieren, sind unabhängige Bewertungsplattformen oft die einzige Chance, sich gegen Missbrauch zu wehren. |