Schampus für eine verkorkste Reform
POLITIK | ROTER TEPPICH (12.03.2010)
Von iley Redaktion | |
In der Wiener Hofburg: Die einstige Residenz von Königen und Kaisern war weiträumig abgesperrt. Die offizielle Feier zum Bologna-Geburtstag war ausgewählten Gästen vorbehalten, die mit einem Shuttle-Service die Polizeikontrollen passierten. Unter den teils hochdekorierten Gästen waren auch Studierendenvertreter der European Students' Union (ESU) in schicker Abendgaderobe, etwa Anja Gadow vom deutschen Dachverband fzs. Das knallrote Kleid ihrer österreichischen Kommilitonin war mit Buttons übersät, die brennende Universitäten zeigen. Diese Aufmachung sollte ihre Solidarität zu denen symbolisieren, die draußen bleiben mussten. Das waren nach Polizeiangaben rund 3500 Demonstranten. Sie sind auf die Straße gegangen, um, wie es auf Transparenten hieß, Bologna den Prozess zu machen. Viele von ihnen wollen die Reform wieder abgeschafft sehen. Doch davon wollte im prunkvollen Festsaal niemand etwas wissen. Stattdessen galt in einer Festrede der Dank denen, die den Bologna-Vertrag im Juni 1999 unterzeichnet und damit die europaweite Hochschulreform auf den Weg gebracht haben. Auch die Studierendenvertreter der ESU wollen lieber die Reform im Interesse ihrer Klientel mitgestalten. 46 Staaten sind bislang daran beteiligt. Mit Kasachsten ist jetzt ein weiteres Land in den Bologna-Prozess aufgenommen worden. So wurde in dem ehrwürdigen Gemäuer noch bis über die Geisterstunde hinaus gefeiert. Schampus und Bier, ungarischer Rotwein und Weißwein aus Österreich flossen die nach einem Konferenz-Tag trockenen Kehlen hinab. Von den angekündigten Blockaden der Bologna-Gegner hat sich niemand abschrecken lassen. Versprengte Gruppen von Demonstranten hielten allerdings die Polizei bis in die Nacht hinein auf Trab. |