Der sonderbare Professor aus Übersee
POLITIK | PORTRÄT Caspar René Gregory (28.04.2011)
Von Frank Fehlberg | |
Der gebürtige US-Amerikaner Caspar René Gregory fiel im April des Jahres 1917 als ältester Kriegsfreiwilliger des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg. 1881 hatte er die sächsische Staatsbürgerschaft erhalten. Fortan tat er sich als umtriebiger Theologieprofessor und als einer der ersten Nationalsozialen hervor. Caspar René Gregory zog im Alter von 67 Jahren noch freiwillig in den Krieg. (c) K.J. Friedrich: Professor Gregory. Hilfsprediger der englischen Gemeinde in Leipzig Ein Zentrum von Weltruf für diesen Fachbereich stellte die Theologische Fakultät der Universität Leipzig dar, an der Constantin Tischendorf beinahe im Alleingang der neutestamentlichen Forschung neue Handschriften in Mengen zugänglich gemacht hatte. Als Gregory im Dezember 1874 in Leipzig eintraf, war Tischendorf jedoch bereits verstorben. Der Amerikaner blieb in Sachsen und erarbeitete sich Schritt für Schritt eine akademische Laufbahn. Anfangs hielt er sich mit Übersetzungsarbeiten, als Beiträger zur Theologischen Literaturzeitung Adolf Harnacks und als Hilfsprediger der englischsprachigen Gemeinde über Wasser. Die Arbeit an der Vollendung des Lebenswerks von Tischendorf sollte auch Gregorys theologisches Lebenswerk werden. Mit der Zustimmung von dessen Familie machte er sich planmäßig und beflissen an den Abschluss des Tischendorf’schen Werkes. Er erwarb sich durch seine langjährigen Handschriftenstudien und sein produktives Arbeiten das Ansehen der etablierten Leipziger Theologie, die zu dieser Zeit vor allem durch das Wirken des „Dreigestirns“ Christoph Ernst Luthardt, Karl Friedrich August Kahnis und Franz Julius Delitzsch geprägt wurde. Seinen Doktortitel in Philosophie erlangte er mit einer englischsprachigen historischen Arbeit über Henri Grégoire, einen katholischen Bischof und fortschrittlichen Politiker der französischen Revolution. Wenn Gregory auch in diesem Mann – ein Kritiker der Sklaverei, Verfechter der Judenemanzipation und bei aller revolutionären Gewalt ein standhafter Christ – gern einen Ahnen seiner selbst erblickt hätte, so ist es unwahrscheinlich, dass eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den beiden bestand. Das Wesen aber dieses revolutionären Priesters faszinierte Gregory, so dass sein Biograph Friedrich später schrieb, dass es ihn mit „Stolz und Mut für sein späteres Wirken“ erfüllt hätte. Und tatsächlich: Neben seiner verdienstvollen Laufbahn in der Theologie – er wurde 1891 ordentlicher Honorarprofessor für Neutestamentliche Wissenschaft, nachdem er Rufe nach Cambridge (MA), Chicago und Baltimore abgelehnt hatte – entwickelte er sich zu einem Leipziger Original, das durch ungewöhnliches Auftreten und politisches Engagement aus der Reihe fiel. Forschungsreisender 1886 reiste Gregory von einer seiner Forschungs- und Bibliotheksreisen direkt von Konstantinopel zurück in seine alte Heimat, um bei einem lediglich fünftägigen Aufenthalt Lucy Watson Thayer in Cambridge zu heiraten, Tochter des Theologen Joseph H. Thayer, die er bei ihrer Reise durch Deutschland kennen gelernt hatte. Überhaupt reiste Gregory gerne und oft, hatte Europas Metropolen besucht und im Nahen Osten gar einmal zu Fuß die „Bibellande“ erkundet. Immer wieder sollte er für Vorträge und Forschungen auch zurück in sein Herkunftsland reisen. Leipzig hatte er nicht zuletzt deshalb zu seinem Wohnsitz erkoren, weil es in Mitteleuropa günstig gelegen war und ihn die Deutschen als einen der ihren aufgenommen hatten. 1881 war er sächsischer Staatsbürger geworden und seinen neuen Landsleuten sollte er sich in außergewöhnlicher Weise würdig, ja als geradezu übernatürlich vorbildhaft erweisen, wie etwa Biograph und Verehrer Karl Josef Friedrich hervorzuheben wusste. Zahlreiche Anekdoten und Erzählungen ranken sich um Gregory, wie er stets freundlich, zuvorkommend und überschwänglich höflich mit seinem amerikanischen Wesen die Mitmenschen für sich gewann. Hager an Statur und dabei durch asketische Lebensweise und regelmäßige Leibesübungen durchtrainiert und zäh, waren dem Schriftgelehrten die praktischen Angelegenheiten des Lebens eine willkommene Möglichkeit, seine ehrliche christliche Nächstenliebe an Kind, Frau und Mann zu bringen. Meistens zu Fuß in der Stadt unterwegs, grüßte und half er zahlreichen Passanten, vom Weichensteller der Straßenbahn bis zur Bäuerin, deren Hühner am Hauptbahnhof ausgerissen waren. Einen Studenten in der Bibliothek, der ihn für einen Bibliotheksdiener hielt, beriet er freundlich und ausführlich, ohne das Missverständnis freilich aufzuklären. Seine Studenten prägten den Ausdruck „Frühstück à la Gregory“ wenn sie ohne Frühstück zur Vorlesung erschienen, denn der Professor nahm erst gegen Mittag die erste Nahrung in Form von Obst und Brot zu sich. Um die Eigentümlichkeiten und die kaum zu übertreffende Menschenfreundlichkeit des „lieben Professors“ Gregory bildete sich schnell ein Geschichtenkreis in Leipzig. Unterwegs sei Gregory typischer Weise mit seinem großen Schirm und ungewöhnlicher Kleidung gewesen, in der er, in vielen Taschen verstaut, ihm nützlich erscheinende Werkzeuge und andere Dinge – etwa Bonbons für Kinder – herumtrug. Auf einem Foto aus der Zeit des Dienstes beim kaiserlichen Heer kann man anhand der Beulen in der Uniform sehr gut ermessen, wie das im zivilen Leben ausgesehen haben muss. Stets auf der Mitte der Straße dahinwandernd und die halbe Stadt grüßend war Gregory ein beliebtes Leipziger Original geworden. Man darf vermuten, dass er zu seiner Zeit – und wohl bis heute kaum zu übertreffen – der volkstümlichste Professor der Universität war, vielleicht ein wenig sonderbar, in jedem Falle aber liebenswürdig und warmherzig. Als Hobbyhandwerker und erfahrener Freizeit-Volkskundler versuchte er erfolgreich, über das einseitige und abgehobene Dasein eines Gelehrten hinwegzukommen. Moderne Theologie mit Volksnähe Der Abgehobenheit der Wissenschaft wollte er ein neues Verständnis von Wissen entgegensetzen. Er verurteilte es, wenn man nur „Bücherkenntnisse und graue Theorie pflegte, statt vom Acker und Pflug, vom Meister und Gesellen, von der Spinnmaschine und von dem automatisch wirkenden, elektrisch betriebenen Drillbohrer auszugehen.“ Er verwendete aber seine handwerklichen Interessen und Beobachtungen unter den Menschen auch, um seinen Studenten das Studium der Evangelien zu erläutern. Kenne man etwa die Unzuverlässigkeiten und Ausschmückungen, mit der erlebte Geschichte im Volk herumginge, so könne man sich auch ein Bild davon machen, wie kritisch die vier Evangelien als Berichte über den Wanderprediger Jesus von Nazareth zu interpretieren seien. Diese ganz volkstümliche Seite der neueren historisch-kritischen Methode der Theologie führte ihn jedoch nicht zur völligen Infragestellung der biblischen Frohbotschaften. Gerade durch die bevorzugte Befragung von „Alten“ war der Neutestamentler zu dem Schluss gekommen, dass es wohl noch bis 150 n. Chr. Menschen gab, deren Väter Augenzeugen Jesu Christi waren. Das zeigte zum Beispiel seine Befragung des hundertjährigen Leipziger Bautischlers Hermann Wellemeyer, von dem er einen Augenzeugenbericht von der Völkerschlacht von 1813 zu hören bekam. „Lebenskunde“ am Menschen der Gegenwart nutzte Gregory für die Kritik der „Zweifelsucht“ einiger seiner „modernen“ Kollegen, den liberalen Theologen, an dem Gehalt der Überlieferungen. Letztlich konnte er als gemäßigter Vertreter dieser Richtung seinen Amtsbrüdern sagen, dass überbordende Zweifel an der Überlieferung geradezu „lebensfremd“ seien. Sein Freund Adolf Harnack, der führende Vertreter der liberalen Theologie, hielt sich als kundiger Forscher mit seiner freien Auslegung der Christentumsgeschichte ebenfalls zurück, auch wenn manchen seiner jüngeren Anhänger die Lust an der radikalen Infragestellung dogmatischer Wahrheiten zuweilen zum Bedürfnis freiheitlicher Glaubensbekundung wurde. Die Orientierung am Zeitgenossen und am Zeitgenössischen sowie die volkstümliche Verbindung dieser Erfahrungen zum Urchristentum ließen aus Gregory schließlich einen politischen Theologen werden. Ab dem Sommersemester 1895 bot er für alle Hörer der Universität Veranstaltungen an, die Fragen des Christentums und der Religion mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen verknüpften. Neben universitären Kursen wie „Das Christentum und die soziale Frage“ und „Volksgeist und Religion“ organisierte er auch Informations- und Diskussions-Veranstaltungen in der Aula der Nikolaischule, die auf die Arbeiter der Stadt abzielten. Seine Hinwendung zu dieser gesellschaftlich und kirchlich meist wenig beachteten Gruppe brachte ihn mit sozialen Kirchenvertretern wie dem Leipziger Juristen und Kirchenrechtler Rudolph Sohm und dem Pfarrer Friedrich Naumann zusammen. Letzterer dürfte Gregory sicherlich nicht gemeint haben, als er als junger Theologiestudent vernichtend über seine konservativ-lutherischen Lehrer schrieb: „Mir graut vor Leipzigs Theologen.“ Seit dessen Gründung 1890 im Evangelisch-sozialen Kongress aktiv, gehörte Gregory dort eher zu den liberalen Vertretern um Adolf Harnack. Ein Nationalsozialer der ersten Stunde Parteipolitisch engagierte er sich ab 1896 im politischen Umfeld von Naumann, der sich mit den „nicht-konservativen Christlich-Sozialen“ von den Konservativen um Hofprediger Adolf Stoecker in linker Richtung lossagte. Naumann propagierte, nach seinem „christlichen Sozialismus“ im Vorfeld, offen einen „nationalen Sozialismus“, mit dem er den Sozialismus der Arbeiter mit der handlungsethischen Ebene der Nation verknüpfen wollte. Auf Antrag Gregorys, der nicht gleich ein „nationaler Sozialist“ war, aber gleichwohl „nationalsozial“, benannte sich die zu einem großen Teil aus jüngeren Pfarrern und Theologen bestehende Gruppe „National-sozialer Verein“ (NSV). Wenn auch die offizielle Linie des NSV die strikte Trennung von Religion und Politik war – dafür sorgten nicht zuletzt die „reiferen“ Leipziger Professoren Gregory und Sohm – so stand doch seine Zusammensetzung und die christliche, evangelisch-soziale Motivation der meisten seiner Mitglieder für eine enge Anbindung an den liberalen Protestantismus der Zeit. Als Vorstandsmitglied des NSV, der zunächst in Leipzig seinen Sitz hatte, erwarb er sich den Ruf eines ausgleichenden und dennoch energischen Streiters für die nationalsoziale Sache. Diese war ein ideenpolitisches Wagnis, wie es nur sehr überzeugte Männer angehen konnten – allerdings mit verschiedensten Ideen der praktischen Umsetzung. Von den einen wurden sie als „Sozialdemokraten“ beschimpft, von diesen als „fünfte Kolonne“ der herrschenden Klasse. In Leipzig erregte 1896 der Übertritt von Max Lorenz zum NSV Aufmerksamkeit – Lorenz war immerhin Redakteur der strikt sozialdemokratischen Leipziger Volkszeitung (LVZ). Seine harsche Kritik am revolutionären Marxismus traf im NSV auf bekennende „nationalsozialistische“ SPD-Sympathisanten wie Paul Göhre und Heinrich Oberwinder. Als der NSV 1903 nicht zuletzt an diesen innerparteilichen Extremen des nationalsozialen Gedankens scheiterte, zog sich Gregory in die evangelisch-soziale Arbeit in seiner Heimatstadt zurück. Die Sozialdemokraten, denen er in ökonomischen Belangen und durch seine Leipziger Arbeiterpolitik durchaus nahe stand, waren ihm in sozialer Hinsicht zu radikal. Dem aggressiv-proletarischen nationalen Sozialismus des Pfarrers und späteren Sozialdemokraten Paul Göhre, vormals im Konsumverein Leipzig-Plagwitz aktiv, konnte er nicht folgen. Die Freisinnigen wiederum, zu denen Naumann mit den meisten Nationalsozialen weiterzog, waren ihm zu kapitalistisch eingestellt. Gregory gründete stattdessen mit Sohm 1904 in Leipzig-Stötteritz eine Ortsgruppe der Sächsischen Evangelisch-Sozialen Vereinigung. Neben sozialen Pfarrern wie Gottfried Naumann (Anger-Crottendorf) und Georg Liebster, einer bekannten alt-nationalsozialen Größe aus dem Arbeiterviertel Volksmarsdorf, widmete er sich weiterhin der Vermittlung religiös-sozialer Anliegen inmitten einer Hochburg der sozialistischen Arbeiterbewegung. Soziale Verbrüderung zur Stärkung der deutschen Identität Neben dem Versuch, seinem Nächsten als wahrhaftiger und versöhnlich gesonnener Christsozialer gegenüberzutreten, unternahm es Gregory letztlich auch, den vermeintlich „vaterlandslosen“ Arbeitern zu ihrer proletarischen Orientierung einen Nationalsinn zu vermitteln. Die soziale Verbrüderung sollte kein Selbstzweck sein, sondern – bei aller Zurückhaltung, die dem Eingebürgerten in Sachen des Nationalismus wohl geboten schien – zur Stärkung der übergreifenden nationalen Identität aller Deutschen beitragen. „Nicht zehntausend Millionäre machen das Vaterland reich, sondern sechzig Millionen Deutsche, die ihr ordentliches Auskommen haben.“ Noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges stellte Gregory mit einer damals sicher befremdenden Gewissheit fest: „Die Sozialdemokraten sind national, sie sind national bis auf die Knochen. Das habe ich immer gefunden, wenn ich mit ihnen zu tun gehabt habe. Ich kenne keinen deutschen Sozialdemokraten, der nicht ein Deutscher ist, und das ist die Hauptsache.“ Diese unter Alt-Nationalsozialen gängige Einschätzung bestätigte sich gerade in Leipzig. Und wieder betraf es ausgerechnet einen ehemaligen Mitarbeiter der links-sozialdemokratischen LVZ: Paul Lensch. Dieser tat sich im Laufe des Krieges als Vertreter des „Kriegssozialismus“ hervor, der die Einheit aller Klassen unter den beinahe planwirtschaftlichen Bedingungen des „revolutionären“ Kriegserlebnisses hervortreten ließ und den Sozialismus damit nationalisierte. Mit 67 in den Krieg Als der Krieg im August 1914 ausbrach, war der „Amerikanischdeutsche“ Caspar René Gregory 67 Jahre alt, ein angesehener Theologe und allseits beliebter Leipziger Bürger. Über Jahre hatte der Alt-Nationalsoziale über den versöhnlich-verständigen „sozialen Ton“ gepredigt und war zu einem vertrauenswürdigen Freund der Arbeiter geworden. Wie konnte der rührige Stötteritzer Professor nun in dieser Lage seines auserwählten Vaterlandes den „sozialen Ton“ halten? „Als Mädchen für alles“, beantwortete er diese Frage. Konsequent und durch körperliche Disziplin erstaunlich in Form wurde das „Mädchen für alles“ der älteste Kriegsfreiwillige des deutschen Heeres. Gregory meldete sich als einfacher Soldat am 11. August zum 1. Ersatzbataillon des Leipziger Infanterie-Regiments König Georg Nr. 106. Seinen Dienst als Soldat begründete er später ausführlich: Warum sollte gerade er, der den Arbeitern jahrelang in das soziale wie nationale Gewissen geredet hatte, diese gerade in der schwersten Stunde allein an die Front ziehen lassen? Gregory sah seine soziale Pflicht darin, dem Nächsten, jetzt dem Kameraden, zur Seite zu springen. Deutschland war in seinen Augen zu Unrecht aus allen Richtungen attackiert worden und musste als Volk einen schweren Kampf durchstehen. Aus den für „unsichere Kantonisten“ gehaltenen deutschen Arbeitern wurde im August 1914 das entscheidende Aufgebot, welches das ungeliebte Kaiserreich gegen „Franzmänner“ und den russischen „Zarismus“ verteidigen sollte. Die Kriegseintritte von Frankreich und Russland allein hatten ihn freilich nicht Soldat werden lassen. Wohl aber das Eingreifen der Weltmacht England. Ungeachtet aller persönlichen und verwandtschaftlichen Verbindungen auch nach Großbritannien schrieb er: „Als aber England dazu kam, das mächtige England, England, das rücksichtslose Land, England, das die Burenfrauen und -kinder hingemordet hatte […], England, das Indien aussaugt und verhungern lässt, – als England dazu kam, wusste ich, dass es sich um das Ganze handelte.“ Gefallen für die „deutsche Sache“ Über Leipzig hinaus wurde der bald zum Leutnant beförderte Gregory nun in ganz Deutschland bekannt. Sein siebzigster Geburtstag „im Feld“ wurde entsprechend gewürdigt. Das Reich verlieh ihm das Eiserne Kreuz 2. Klasse, das Königreich Sachsen ehrte seinen Leipziger Professor mit der Friedrich-August-Medaille in Silber. Am 13. Oktober 1916 ernannte man Gregory zum Gräberverwaltungsoffizier der 47. Landwehrdivision – der Sitz seines neuen Amtes war mit Neufchâtel-sur-Aisne schließlich der Ort seiner tödlichen Verletzung. Durch einen Reitunfall an das Bett gefesselt, war Gregory schutzlos einem Artillerieüberfall ausgeliefert gewesen. Am 9. April 1917 starb er an den schweren Verletzungen – im Heimatland seines Urgroßvaters. In reichsweiten Nachrufen würdigte man das Leben des Theologen ausgiebig, war er doch, eine Verschonung aufgrund des Alters verwerfend, von der Überzeugung und der Konsequenz her ein Vorbild in Weltkriegszeiten. Noch in der New York Times hob man neben seinen theologischen Verdiensten sein politisches Engagement in der „so genannten nationalsozialen Bewegung“ hervor. Sein „Nachleben“ in Deutschland war von ausnahmsloser Verehrung geprägt. Biograph Friedrich, alt-nationalsoziale Mitstreiter und Männer der „konservativen Revolution“ wie Ernst Jünger und Gerhard Schultze-Pfaelzer übernahmen die Stilisierung seines Lebens für die Nachwelt. Sein Versuch aber, Mitmenschlichkeit und „reine Neutestamentlichkeit“ (Friedrich Naumann) zu leben, steht über allen nachträglichen Versuchen der geistigen Aneignung seiner Biographie. |