Sesam, öffne dich!
POLITIK | OPEN DATA (11.03.2013)
Von Jörg Rostek | |
Am 23. Februar war weltweit Open Data Day (ODD). In sechs deutschen Städten gab es Aktionen und Veranstaltungen. Iley erkundigte sich in Wuppertal über die Ziele der Open Data-Bewegung und schaute den ODD-TeilnehmerInnen über die Schulter. Wollen die gläserne Verwaltung: Teilnehmer des Open Data Days in Wuppertal. (c) Ann-Cathrin Klappert Versteckte Daten "Open Data ist der Versuch, öffentliche Daten aus den Hinterzimmern der Verwaltung in die Öffentlichkeit zu ziehen. Es geht darum, mehr Daten im Internet zu veröffentlichen, also der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Es geht aber auch darum, Daten, die veröffentlicht werden, verständlich aufzubereiten", sagt Guido Gallenkamp, Mitorganisator des ODD Wuppertal. Seine Kritik: Die meisten kommunalen Internetseiten seien intransparent und benutzerunfreundlich. Sie verhinderten es, Daten miteinander vergleichen zu können. Es fehle an griffigen Visualisierungsangeboten, zahlreiche Daten könnten nicht von Suchmaschinen erfasst werden und wichtige Informationen würden, beispielsweise in Haushaltstabellen - ob absichtlich oder nicht - in Zahlenkolonnen und unhandlichen seitenlangen Berichten versteckt. Ralf Glörfeld, ebenfalls Mitorganisator, hat eine weitergehende interaktive Definition von Open Data: "Ein Open Data Portal kann von der Gesellschaft frei gestaltet werden. Es gibt für die Bürgerinnen und Bürger dabei nicht nur den nutzen, Informationen zu bekommen, sondern sie können auch Informationen beitragen", erklärt er und hat auch schon ein Anwendungsbeispiel parat: "Wie in anderen Städten auch kommt es in Wuppertal vor, dass Mülleimer beschädigt werden oder Straßenschäden wie Schlaglöcher entstehen. In einem Open Data Portal können die Eine Open Street Map (c) Ann-Cathrin Klappert Hört man den AnhängerInnen der Open Data-Bewegung zu, stellt man schnell fest, dass es ihnen aber um mehr geht als um die bessere Darstellung städtischer Serviceangebote. "In einer demokratischen Gesellschaft geht es ja auch darum, Bescheid zu wissen. Die Möglichkeit, Bescheid zu wissen, hängt auch von der Informationsdichte ab. Momentan geschieht in Wuppertal so viel, dass es schwer ist, all das nachzuvollziehen. Deshalb ist es wichtig, Daten aufzubereiten und verständlich darzustellen, so dass die Leute die Entwicklungen nachvollziehen können. Und ich glaube, dass die Themen in Zukunft immer mehr werden statt weniger. Und um da mitreden zu können, muss man Bescheid wissen", meint Gallenkamp. Wissen falsch verteilt Wissen ist also Macht und ermöglicht Kontrolle. Erklärt das, warum Open Data noch nicht in alle Winkel der Bundesrepublik gedrungen ist? Mag sein, dass Verwaltungsbeamte, wie einige Open Data-Fans vermuten, auch deshalb Open Data links liegen lassen, weil sie fürchten, die BürgerInnen könnten sie stärker zur Verantwortung ziehen. Mag sein, dass die Kommunen eine Kostenexplosion durch steigende Nachfragen scheuen oder verhindern wollen, dass die BürgerInnen nicht nur das Ergebnis eines Verwaltungsvorgangs, sondern auch den Vorgang selbst mitbestimmen wollen. Kann aber auch sein, dass der Amtsschimmel, was den Fortschritt der Informationsverarbeitung angeht, einfach von (vor-) gestern ist. Das alles dürfe nicht verhindern, dass ein Bürger, so Gallenkamp, nicht mal schnell nachschauen könne, "wie viel der städtische Zoo jährlich kostet". Auch bedürfe es nur weniger Ressourcen, um ein Portal zu schaffen, dass beispielsweise per Liveschaltung Daten wie Luftmesswerte oder Temperatur zusammentrage. Die Daten seien alle da, sie seien nur falsch verteilt. Wo BürgerInnen in der Kommunalpolitik auf Schranken stoßen, zeigt der Informatiker Bastian Sackermann auf. Gemeinsam mit anderen versuchte er ein Portal zu kreieren, dass das Konzept der sogenannten Ratsinformationssysteme ablösen soll. "In einem Ratsinformationssystem sind zwar alle Sitzungstermine und Vorlagen drin, es ist aber eher eine Expertensoftware, gemacht von Verwaltungsleuten für Verwaltungsleute." Man brauche schon eine Drucksachennummer, um mit einem Ratsinformationssystem zurechtzukommen. Ein Bürger, der sich für die politischen Planungen für seinen Stadtteil oder seine eigene Straße interessiert, finde kaum Informationen, denn die Seiten seien wie ein Labyrinth verschachtelt. Wie es anders gehen kann, zeigt das Portal "Offenes Köln". "Da hat jemand eine Software geschrieben, die eigentlich nichts anderes macht als regelmäßig alle Informationen aus dem üblichen Ratsinformationssystem abzusaugen und benutzerfreundlich abzubilden. Es ist schöner gestaltet. So wird aus einem Ratsinformationssystem ein Bürgerinformationssystem", sagt Informatiker Sackermann, der selbst Ratsmitglied der Stadt Wuppertal ist. Noch ein langer Weg Dass es noch eine Weile dauert, bis Open Data in deutschen Amtsstuben Standard wird - da machen sich die TeilnehmerInnen des Open Data Days in Wuppertal keine Illusionen. Dass auch Stadtverordnete und Verwaltungsmitglieder anwesend waren und sich Anregungen abgeholt haben, zeigt, dass sie nicht auf Konfrontation aus sind und ein Wille zur Zusammenarbeit existiert. Der Erfolg von Open Data, dass ist den Aktiven klar, wird wohl auch damit zusammenhängen, ob die BürgerInnen Bedienbarkeit und Übersichtlichkeit nicht nur auf kommerziellen Homepages einfordern, sondern auch auf Internetseiten einer Stadtverwaltung. Denn dann muss eine Stadtverwaltung erklären, warum, so Sackermann "ich in Hongkong ein Paket bestellen kann und auf zwei Stunden genau mitgeteilt bekomme, wann es bei mir zu Hause eintrifft, ein Bürger aber keine Chance hat, herauszufinden, wie lange die Bearbeitung eines Bauantrages dauert." |