Die kubanische Sonne scheint nicht für jeden
POLITIK | KULTURSTADT (15.12.2006)
Von Michael Billig | |
Der kubanische Journalist Guillermo Fariñas Hernández ist mit dem renommierten Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet wurden. Zur Preisverleihung am 10. Dezember durfte der Castro-Kritiker aber nicht kommen. Ausreiseverbot. "Guillermo Fariñas Hernández setzt sich ohne Rücksicht auf seine eigene Gesundheit für das hohe Gut der Meinungs- und Informationsfreiheit ein", begründet die Jury ihre Entscheidung. Fariñas ist Herausgeber der Presseagentur Cubanacán Press. Er berichtet über Menschenrechtsverletzungen, die sich vor allem gegen Oppositionelle in Kuba richten. Im Jahresbericht von "Amnesty International" steht, dass sich über 70 Dissidenten - unter größtenteils menschenunwürdigen Bedingungen - in Haft befinden. 30 im Todestrakt, wobei es schon länger zu keiner Hinrichtung kam. In den meisten Fällen sind sie wegen "Gefährdung der nationalen Einheit und Sicherheit", Artikel 88 der kubanischen Verfassung, verurteilt worden. Auch Fariñas saß schon einmal ein. Das war 1995. Guillermo Fariñas Hernández (c) cubanet Wer hierzulande an Kuba denkt, sieht Oldtimer, Villen im Kolonialzeitstil, weiße Strände und Palmen vor seinem geistigen Auge. Wir kennen diese Motive aus Reiseberichten und Urlaubskatalogen. Durch den Tourismus flossen 2,6 Milliarden US-Dollar (2005) in die Staatskasse. Die Dienstleistungsbranche ist der wichtigste Wirtschaftsektor auf Kuba. Ein Übergang zu Marktwirtschaft und zu mehr Privateigentum wird abgelehnt, China und Vietnam seien ausdrücklich kein Vorbild. Fariñas die Ausreise nach Deutschland zu verwehren, ist ein Versuch, eine kritische Stimme kalt zu stellen und das ungetrübte Bild vom sonnigen Urlaubsparadies aufrecht zu erhalten. So befand sich der Journalist in seinem Haus in Santa Clara, während Maria Elena Morejon in Weimar stellvertretend für ihn den Preis entgegen nahm. Sie kämpft ebenfalls für die kubanische Demokratiebewegung - seit 1998 vom Exil in Österreich und Deutschland aus. Das weltweit zweitgrößte Gefängnis für Journalisten Fariñas ist unter kubanischen Journalisten kein Einzelfall. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) macht auf zahlreiche Beispiele von Repressionen aufmerksam. Zuletzt die Verhaftung von Ahmed Rodríguez Albacia am 4. Dezember durch die staatliche Polizei in Havanna. Auch er hat eine unabhängige Presseagentur gegründet. Laut Artikel 53 sind private Medienunternehmen gesetzlich verboten. Dadurch bleibt den Kubanern zwar eine Boulevardvisierung und Kommerzialisierung der Massenmedien, wie beispielsweise im deutschen Privatfernsehen, erspart. Meinungsfreiheit und -vielfalt werden allerdings stark eingeschränkt. Regierungskritische Medien haben deswegen ihren Sitz überwiegend ins Ausland verlagert. Von Miami aus informieren beispielsweise CUBANET und Nueva Prensa Cuba. "Reporter ohne Grenze" bezeichnet Kuba als das weltweit zweitgrößte Gefängnis für Journalisten. Im Index der Pressefreiheit wird das Land auf Platz 165, dem Vierletzten, geführt. Nur in Eritrea, Turkmenistan und Nordkorea sind die Voraussetzungen für unabhängigen Journalismus noch schlechter. Negativer Höhepunkt war der "Schwarze Frühling" im März 2003, als 88 Oppositionelle, darunter 27 Journalisten, aufgrund besagten Artikels 88 in Haft gesetzt wurden. "Es hat sich an der Situation seit dem nichts geändert", erzählt die Exilkubanerin Maria Elena Morejon, die den Kontakt zu Fariñas bis heute pflegt. Für sie stellt die Auszeichnung des Journalisten ein Zeichen der Solidarität dar: "Mehr als 30 Journalisten sind im Gefängnis, die meisten sind zwischen acht und 28 Jahre verurteilt. Dieser Preis ist eine sehr gute Botschaft für die Leute in Kuba. Sie können jede Unterstützung im Kampf für eine kubanische Demokratie gebrauchen." |