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Frau Mouskouri und vier Herren
KULTUR | JUKEBOX (15.09.2005)
Von Robert Laude
An dieser Stelle möchte ich in den nächsten Ausgaben von iley Musik empfehlen, die zwar nicht aktuell, dafür aber zeitlos, musikgeschichtlich bedeutsam und ans Herz gehend ist.

Nana Mouskouri in New York - The girl from Greece sings (Mercury)

Was hat eine Rezension über eine Sängerin, die man vor allem durch einen Schlager wie "Weiße Rosen aus Athen" kennt, in einem anspruchsvollen Magazin wie iley zu suchen?
Das muss einen guten Grund haben. Es scheint so, dass Frau Mouskouri für die Deutschen eine Ausnahme macht und sich hierzulande in Schlagergefilde begibt, während sie sich im Rest der Welt als durchaus ernstzunehmende Künstlerin präsentiert. 200 Millionen Plattenverkäufe weltweit in fünf Sprachen und Positionen als UNICEF-Sonderbotschafterin, ehemalige EU-Parlamentsabgeordnete und Trägerin des höchsten französischen Ordens, dem der Ehrenlegion, deuten auf eine vielseitige und erfolgreiche Frau hin.

Die hier besprochene Platte stammt zwar aus den Anfangsjahren ihrer Karriere, in Deutschland wurde es jedoch erst 2001 veröffentlicht. 1963 machte sich die damals 28-jährige auf zu ihrem ersten Besuch in den USA, um in New York eine Jazz-Platte mit Quincy Jones als Produzenten (Quincy Jones hat neben Größen wie Ray Charles, Count Basie, Herbie Hancock und Frank Sinatra auch "Thriller" von Michael Jackson produziert) aufzunehmen. Das Ergebnis ist mehr als erstaunlich. Auf zwölf Stücken (plus vier Bonusaufnahmen) bekommt man eine junge Griechin zu hören, die sich in beeindruckender Manier durch amerikanische Standards singt. Ihre Stimme hat ein wunderschönes Timbre, ihre Phrasierung lässt ihren Chanson-Hintergrund erahnen und die Liebeslieder geht sie mit einer unwiderstehlichen Mischung aus Zärtlichkeit und Unschuld an. Nimmt man dann noch die sehr schönen Big Band-Arrangements hinzu, so hat man eine Platte, die sich mit den American Songbook-Aufnahmen amerikanischer Jazz-Diven wie Ella Fitzgerald oder Sarah Vaughan messen kann, und dabei doch einen ganz eigenen Charme ausstrahlt.


John Coltrane and Johnny Hartman (Impulse)

Ein Platte, wie gemacht für einen romantischen Abend bei Kerzenschein. Diese Aussage hat man zwar schon über viele Aufnahmen gehört und meistens verbirgt sich hinter dem scheinbaren Lob Musik, die seicht dahin plätschert ohne groß zu stören. Doch diese Aufnahme ist anders. Natürlich, man kann sie im Hintergrund laufen lassen. Doch dabei besteht die Gefahr, dass man sich plötzlich mehr in der Musik als in seinem Gegenüber verliert. Denn hier sind absolute Könner am Werk.

Über den Saxophonisten John Coltrane muss man keine großen Worte machen. Er hatte schon lange vor seinem Tod mit nur 40 Jahren 1967 einen Platz im Pantheon des Jazz und der Musik des 20. Jahrhunderts sicher. Johnny Hartman jedoch ist zu Lebzeiten kaum der ihm zustehende Ruhm zuteil geworden. Gestorben 1983, wurde er der breiten Masse erst durch seine Stücke bekannt, die Jazzliebhaber Clint Eastwood 1995 für den Soundtrack zu seinem Film ?Die Brücken am Fluß' aussuchte. Dabei muss man, wie die Zusammenarbeit mit Coltrane deutlich macht, Johnny Hartman zu den besten Jazz-Sängern überhaupt zählen. Mit seinem dunklen Bariton holt Hartman hier aus jeder Silbe das Maximum an Gefühlen hervor, ohne jemals in Richtung Kitsch abzudriften. Coltrane beschränkt sich, anders als bei vielen seiner Soloaufnahmen, auf wenige, genau gesetze Soli und Fills, die sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern die Stimmung der Lieder perfekt unterstreichen. Und schließlich darf man auch nicht McCoy Tyner am Piano unterschlagen, der ebenfalls genau in den richtigen Momenten perlende Noten beisteuert. Eine ganz große Vocal Jazz-Platte, die kaum jemanden unberührt lassen dürfte.


Francis Albert Sinatra and Antonio Carlos Jobim (Reprise)

1967 nahm Frank Sinatra zusammen mit dem brasilianischen Bossa Nova- Großmeister Antonio Carlos Jobim eine Platte auf, die in diesen Tagen noch einmal die Erinnerung an entspannte, gut gelaunte Sommerabende aufleben lässt. Sinatra unterstreicht nochmals, warum er einer der besten Sänger des 20. Jahrhunderts war. So relaxed hat man ihn selten singen gehört und auch hier gilt, was auch schon über Johnny Hartman geschrieben wurde: die Art, in der er jeder Silbe eine eigene Nuance verleit, die Töne dehnt und Worte betont, das ist ganz große Kunst. Unterstütz von Jobim an der Gitarre und dem zurückhaltenden, doch dynamischen Spiel des Schlagzeugers Dom-Um Romao entfaltet Sinatra über den großartigen Big Band und String-Arrangements des Deutschen Claus Ogerman unwiderstehlich lässige Musik. Das fängt an mit Jobims Bossa Nova-Klassiker "Girl from Ipanema", geht über die Traurigkeit von "Dingi", die melancholische Liebeserklärung "Quiet nights of quiet stars" und die unaufdringliche Dramatik von "How insensitive". Neben sieben Klassikern von Jobim kommen dann noch drei Standards hinzu, von denen Cole Porters "I concentrate on you" am meisten durch die Bossa Nova-Bearbeitung gewinnt. Eine der besten Aufnahmen von Sinatra und eine der schönsten Bossa Nova Platten. Ein wahrer Lichtblick für traurige Herbsttage.
   




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