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Im Raster der Datenfahnder
POLITIK | ENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND (15.07.2007)
Von Tim Köhler
Innenminister W. Schäuble hat konkrete Vorstellungen von einem allumfassenden Deutschland-Netz. Er bedient sich des Negativ-Prinzips: Alle Bundesbürger sind potentielle Terroristen.

Bei einer intensiven Nutzung gegenwärtiger Kommunikationsmittel fallen Daten an. Daten, die irgendwie und irgendwo bei irgendjemanden gespeichert werden. Der Gesetzesgeber hat Zugriff zu diesen Daten, geregelt in Paragraphen sowieso.

photocase.com (Pixelkind)

Entsorgung, Recycling, Datenschutz (c) photocase.com (Pixelkind)

Da Terroristen ihre Anschläge nicht mehr per Rauchzeichen verabreden, sondern über das Internet miteinander quatschen und Deutschland durch politische Sympathie mit den USA in Gefahr vor Terroranschlägen dreimal täglich betet, dass es nicht irgendwo gekracht hat, muss das Gesetz auch hier Zugriff zu den angefallenen Daten erhalten, um somit Terroristen aus dem Netz zu fischen und Sicherheit für alle Bundesbürger zu gewährleisten. Soweit die Theorie.

Aktuelle Pläne des amtierenden Innenministers Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) sehen unter anderem eine Onlinedurchsuchung von Computern vor. Konkrete Technologien zur Erfüllung einer solchen Maßnahme werden hierbei nicht geäußert. Bei Überlegungen zum Durchdringen der Sicherheitsmechanismen privater Computer ( http://www.heise.de/security/artikel/86415/0 ) bleibt technologisch nur ein Trojaner übrig. Ein Virus also, legitimiert durch eine Vertretung des Volkes, dem Bundestag.

Doch selbst bei einem erfolgreichen Zugriff könnte der Gesetzeshüter vor dem Problem von verschlüsselten Daten stehen. Wie lautet das Passwort und der Verschlüsselungsalgorithmus? Ist hier ein Gesetz der gezielten Folterung von verdächtigen Personen zur Bestimmung von Zugangsdaten denkbar?

Doch vor diesem Schritt steht der von Anfang an allgemein verdächtige Bundesbürger. Zur Gefahrenabwehr wurden sämtliche personenbezogene Daten gesammelt. Es folgt eine automatisierte Kombination dieser Daten. Dies erledigt eine Software, welche am Ende ein Häkchen pro Bundesbürger anzeigt. Die Farbe des Häkchens kann für folgendes Szenario verantwortlich sein:
  • *klick* Fingerabdruck / Eindeutige Nummer

  • *klick* Besuchte Webseiten

  • *klick* Web - Pseudonym

  • *klick* Krankheiten

  • *klick* E-Mails

  • *klick* Verkehrsdelikte

  • *klick* Telefongespräche

  • *klick* Logbuch Handyzellen-Lokalisierungen

  • *klick* Kontakte (real / digital)

  • *klick* Flüge

  • *klick* Kaufverhalten

  • *klick* Einkommen

  • ...

Vielleicht gibt es neben diesen Häkchen noch ein Button „Sperren“, dessen Betätigung für die entsprechende Person deutliche Einschneidungen bedeuten kann: Telefon geht nicht mehr, Internet ist tot, das Auto springt nicht mehr an und Flüge buchen ist auch nicht mehr drin. Der Arbeitgeber kündigt fristlos. „Eine Kurzinfo an die lokale Presse wurde soeben gesendet.“ könnte die Bestätigungsmeldung lauten.

Letztlich wirbelt Schäuble ein brisantes Thema auf, den Scherenschnitt zwischen autonomer Netzgemeinde und gesetzliche Rahmenbedingungen im Internet. Absehbar ist, es wird sich was ändern. China zeigt ja auch, dass Internet nicht unbedingt grenzenlose Freiheit bedeutet. Doch es ist steuerbar, in welche Richtung diese Entwicklung geht.

Jeder Bundesbürger kann dem für ihn zuständigen Abgeordneten eine Mitteilung senden. Die E-Mail-Adressen und Post-Anschriften der Abgeordneten sind öffentlich einsehbar. Immerhin sind dies Ihre Interessenvertreter, die ein Interesse daran haben sollten, in Ihrem Interesse zu handeln, um eine Wiederwahl zu erlangen. Wer Ihr Interessenvertreter ist, können Sie auf http://www.abgeordnetenwatch.de/ herauskriegen, hierzu einfach PLZ eingeben.

Es kann also jeder seine Gedanken zu einem allumfassenden Datennetz in Deutschland äußern und somit aktiv an der Demokratie mitwirken.

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