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Happy Birthday, Bastard!
GESELLSCHAFT | ZEHN JAHRE BOLOGNA (11.03.2010)
Von Jörg Rostek
Aus allen Richtungen Europas strömen Studierende nach Wien. Niemand kann genau, wie viele es momentan sind. In einer Stunde wissen wir mehr. Dann startet die Großdemo am Westbahnhof der Stadt. Ihr Ziel ist die Wiener Hofburg, wo in den Abendstunden die europäischen Bildungsminister erwartet werden.

Gratispostille

Die Wiener Hofburg ist weiträumig abgesperrt, wie eine Karte aus der Tagespresse zeigt. (c) Gratispostille

Die Bologna-Reform, das Kind der BildungsministerInnen der europäischen Staaten, wird zehn Jahre alt. Doch was für zahlreiche PolitikerInnen ein Musterknabe mit ein paar Allüren ist, ist für Studierende ein nervtötender Quälgeist, der nie hätte auf die Welt kommen dürfen. Zurzeit sammeln sich Studentinnen und Studenten auf den Campi der Hochschulen Wiens, um gegen die europäische Hochschul- und Bildungsreform auf die Straße zu gehen.

20.000 Teilnehmer aus halb Europa

Zwar haben die vergangenen Monate der Besetzungen und Blockaden, der Versammlungen und Demonstrationen, der Plena und Diskussionsrunden Zeit und Kraft gekostet. Dennoch ist die Stimmung unter den Kommilitoninnen und Kommilitonen gut. Ständig kommen neue Gruppen an den "Infopunkten" in den Hörsaalzentren der Uni und Fachhochschule Wien an. Sie stammen aus Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Slowenien, Tschechien... Es sind so viele, dass die 200 OrganisatorInnen ein Problem haben, über das sie sich freuen: Sie wissen nicht, wo sie die ganzen Leute unterbringen sollen.
Die VeranstalterInnen, darunter auch Studierende, welche an der legendären Besetzung des Audimax der Uni Wien teilnahmen, rechnen mit 20.000 Menschen, welche die Kritik am zunehmenden Leistungsdruck, Scheinautonomie des akademischen Betriebs, soziale Selektion, chronische Unterfinanzierung und am wachsenden Einfluss der Privatwirtschaft auf Forschung und Lehre eint. Viele stört es, dass ihre Forderungen in den Medien meist nur auf "Bologna" reduziert werden. "Tatsächlich ist unser Ziel eine demokratische Gesellschaft, die allen die gleichen Chancen lässt", erklärt eine Studentin.

"Wie in der Oper"

Ein österreichischer Student begründet seine Empörung so: "Unsere Wissenschaftsministerin (Beatrix Karl, ÖVP, Anm. d. Verf.) meinte, mit der Uni sei das so wie mit der Oper. Wenn alle Karten verkauft sind, dann gibt es halt keinen Platz mehr. Ich bin hier damit alle die wollen, auch studieren können." Doch Wien ist in diesen Tagen nicht nur ein Ort der Kritik, sondern auch der Analyse und des Erfahrungsaustausches. In über fünfzig Workshops wollen Studierende zusammenarbeiten, um gemeinsam Missstände zu bekämpfen und Alternativen zu diskutieren. Doch noch sammeln die Ankömmlinge Energie, tauschen Telefonnummern und e-Mail-Adressen aus, sprich: sie vernetzen sich weiter, denn man weiß ja nie, was noch kommt.
Graue Wolken hängen am Himmel. Es nieselt leicht. Das Gelände der Geburtstagsparty ist weitreichend abgesperrt. Die Gratiszeitung Österreich, "ein Schmierblatt", wie sich ein Student abfällig äußert, und weitere Medien rechnen mit über 15.000 DemoteilnehmerInnen, welche Wien den Ausnahmezustand bringen. Wien könnte heute "brennen". Auch wenn es regnet.
   



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