All inclusive - Zebras, Yogakurs, Mord und Totschlag
REISE | REISETAGEBUCH SÜDAFRIKA (15.11.2007)
Von iley Redaktion | |
Erst jetzt, nachdem mein erster Monat herum ist, beginne ich zu realisieren, dass ich wirklich hier bin. In Südafrika, das nicht wie das Afrika riecht, das mir aus Kenia noch in Erinnerung ist, diese Mischung aus Jasmin, Orangen und Müll. Südafrika, das eine etwas verzerrte Mischung aus Afrika und allen möglichen anderen Gegenden der Welt ist. Südafrika, das für etliche Besucher, mit denen ich hier gesprochen habe, in gewisser Hinsicht eine leichte Enttäuschung darstellt. Weder sieht es so aus, wie in den Hochglanz-Safari-Broschüren, in denen der Eindruck entsteht, Elefanten, Zebras und Löwen warteten hinter jeder Ecke. Noch ist es wie das arme, aber bunte und so gastfreundliche Afrika, das sich in vielen Köpfen als unbedingte Erwartung festgesetzt hat. ![]() Nachtaufnahme von Kapstadt (c) photocase.com, Benutzer Ciri Aber was sagt wiederum die Enttäuschung über den enttäuschten Betrachter aus? Kann es tatsächlich sein, dass manche Menschen sich, wenn auch nur ganz heimlich still und leise, wünschen, sie wären in Südafrika auf das wilde, unterentwickelte Land gestoßen, wo keine Straße asphaltiert ist, es kein Internet gibt? Nicht, dass Südafrika keine Probleme und neue Herausforderungen mehr hätte: Einen nahezu lächerlichen Präsidenten, für den man, so habe ich es wahrgenommen, eine Mischung aus mir merkwürdig erscheinender Ehrfurcht vor dem Alten und Hohn empfindet. Ein fakultativ noch viel lächerlicheres Parlament. Einen ANC, der vor lauter Korruptions-, Drogen- und Mordvorwürfen nicht weiß, ob vor oder zurück, hin oder her. African National Congress (ANC) ist die führende südafrikanische Partei, welche sich, vom Apartheids-Regime mal geduldet, mal verboten für die Interessen der farbigen und schwarzen Bevölkerung einsetzte. Nelson Mandela war maßgeblich an der Gründung des bewaffneten Arms der Partei Umkhonto We Sizwe (Speer der Nation) beteiligt. Und last but not least sind da noch die Tatsachen, denen Südafrika ein großes Stück seines traurigen Ruhmes verdankt: AIDS, Kriminalität und Gewalt. Tägliche Meldungen lassen mich noch immer überrascht und entsetzt feststellen, dass dieser schwangeren Frau tatsächlich am helllichten Tage ins Gesicht geschossen wurde. In den Cape Flats, einer anscheinend von Gangs umkämpften Gegend. Dass Mütter aus bestimmten Gegenden ihre kleinen Töchter lieber zu Verwandten in den Osten oder den Norden des Landes schicken, weil immer mehr Mädchen verschwinden, nachdem sie mehrere Male von unbekannten Männern fotografiert und mit Schokolade dafür belohnt wurden. Doch im sichereren Observatory geht das Leben seinen gewohnten Gang. Ließe man die täglichen Gräuelnachrichten zu nah an sich heran, würde man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wahnsinnig. Und mittendrin - Zebras am Straßenrand. |