Obama in der Tradition großer Präsidenten
POLITIK | NACH DER WAHL (25.01.2009)
Von iley Redaktion | |
Barack Obama ist gerade mal ein paar Tag im Amt, da gibt es schon die ersten Vergleiche mit anderen großen amerikanischen Präsidenten: Abraham Lincoln, Franklin D. Roosevelt und John F. Kennedy. (c) Miko Abgrenzung zu Bush "Obama greift von allem etwas auf", erläutert Lemke, "von Lincoln das Ideal der Freiheit und Gerechtigkeit, von Roosevelt den Gedanken, dass der Staat eine Verantwortung hat für die Gestaltung der Gesellschaft, und von Kennedy die Idee, dass sich die amerikanische Gesellschaft erneuern kann." Damit grenze sich der neue Präsident klar gegen seinen Vorgänger George W. Bush ab. Das Vertrauen der Bevölkerung in öffentliche Institutionen und den Staat, das viele Menschen während der Bush-Ära verloren hätten, wolle Obama wieder herstellen. Dabei stünden der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie eine Erneuerung des maroden Gesundheitssystems an erster Stelle. 47 Millionen US-Amerikaner seien nicht krankenversichert. Dabei erwarten die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger keine Wunder. "Nach Angaben der New York Times sind 80 Prozent der Bevölkerung optimistisch, dass Obama die Krise überwinden wird", sagt Lemke. "Gleichzeitig wissen sie aber, dass das nicht von heute auf morgen geht." Rassentrennung mental überwunden Mit der Wahl sei außerdem die diskriminierende Politik der Rassentrennung auch mental überwunden. Als erster afroamerikanischer Präsident sähe Obama sich als Oberhaupt aller Amerikaner, unabhängig von Herkunft, Religion und Sprache, erklärt die Politologin. Das habe er auch in seiner Antrittsrede deutlich gemacht. Als Präsident werde er von weiten Teilen der Bevölkerung getragen. Gewerkschaftler hätten ihn genauso gewählt wie weite Teile der überwiegend weißen Mittelschicht und viele BürgerInnen mit lateinamerikanischen Wurzeln. Mit diesem Selbstverständnis reihe sich Obama wieder in die Tradition der großen Präsidenten in der amerikanischen Geschichte ein. Deren Leitspruch sei über Jahrzehnte in pluribus unum gewesen - eins in der Vielfalt. Damit und auch mit dem klaren Bekenntnis zu den Menschenrechten sowie mit seiner Ankündigung, das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo Bay zu schließen, sei eine klare Abkehr von der Ära Bush angekündigt. Drei Fragen an Prof. Christiane Lemke: Viele Deutsche reagierten mit Unverständnis, als die US-Amerikaner vor vier Jahren George W. Bush in seinem Amt als Präsident bestätigt hatten. Was war damals für die Wähler ausschlaggebend? Lemke: Die Wahl 2004, in der Bush sowohl die electoral vote mit der Mehrheit der Elektoren als auch die popular vote mit der Stimmenmehrheit der Wähler gewann, stand noch im Schatten der Terrorangriffe vom 11. September 2001. Das Thema nationale Sicherheit stand für viele Wähler und Wählerinnen im Vordergrund und hier schneiden die Republikaner traditionell besser ab. Hinzu kam, dass die Republikaner über moralische Werte, das heißt durch die strikte Ablehnung der Homosexuellen-Ehe, besonders viele konservative und religiöse Wähler mobilisieren konnten. Was war diesmal anders? Lemke: Bereits vor der Finanzkrise im Herbst 2008 zeigte sich die amerikanische Öffentlichkeit besorgt über wirtschaftliche und soziale Probleme, besonders im Gesundheitswesen. Auch der Irak-Krieg verlor zusehends an Zustimmung in der Bevölkerung. Mit Barack Obama hatten die Demokraten zudem einen charismatischen, politisch hoch begabten Kandidaten nomiert, der über eine große Mobilisierungsfähigkeit der Wähler und Wählerinnen verfügte. Seine Botschaft der Einheit der Nation traf den Nerv der politischen Mentalität der Bevölkerung, die der ideologischen Grabenkämpfe zwischen Neo-Konservativen und Liberalen müde geworden war. Mit der Wirtschafts- und Finanzkrise rückten dann wirtschaftliche Themen in das Zentrum der Präsidentschaftswahl. Das hat Obama letztlich zum Wahlsieg verholfen. Und wo war Obama vor vier Jahren? Lemke: Barack Obama begann seine politische Laufbahn in der Lokalpolitik in Chicago 1992. Im Herbst 2004 wurde er mit einer überwältigenden Mehrheit von 70 Prozent der Wählerstimmen als Senator des Bundesstaates Illinois in den US-Senat gewählt und betrat damit die Bühne der nationalen Politik in Washington. Er galt als "aufteigender Stern" der Demokraten. Im Februar 2007 kündigte er dann seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2008 an, galt jedoch als Außenseiter. Und er hatte mit Hillary Clinton eine starke Konkurrentin bei den Vorwahlen in seiner Partei. Sein Wahlsieg ist insofern ein überraschender Glücksfall für die Demokraten. |