Die WM-Teilnehmer von A bis U
SPORT | MIT PFIFF (15.05.2006)
Von Oliver Tappe | |
An der Fußball- Weltmeisterschaft nehmen 32 Nationalmannschaften teil. Was man unbedingt über sie wissen muss... Angola Bizarr anmutendes Szenario: Theo Zwanziger kündigt auf einer Pressekonferenz den WM-Sieg an, während sich neben ihm Jürgen Klinsmann ob seiner Worte scheckig lacht. So ähnlich war jüngst die Reaktion des angolanischen Nationaltrainers Luis Oliviera Goncalves, als sein Verbandspräsident Augusto Pereira da Silva großspurig den Durchmarsch seiner Truppe in der Vorrunde voraussagte (u.a. mit einem Sieg gegen die frühere Kolonialmacht Portugal). Argentinien Kultfigur Maradona: Vor dem WM-Halbfinale 1990 zwischen Argentinien und Italien, das ausgerechnet im Stadion seiner Wahlheimat Neapel stattfand, stachelte er seine neapolitaner Fans mit dem Argument auf, sie hätten doch keinen Grund die "Squadra Azzura" anzufeuern, weil sie jenseits des Fußballs sonst nie als Italiener anerkannt wären. Die Neapolitaner pfiffen die Italiener daraufhin aus. Australien Nach Jahren wieder dabei: Die "Socceroos", benannt nach dem eigentümlichen Schuhwerk des australischen Teams von 1974, das damals zum ersten und bisher letzten Mal an einer WM teilgenommen hatte. Seit 2002 halten sie das Rekordergebnis in der Geschichte der WM-Qualifikationsspiele, als sie Amerikanisch-Samoa mit 31:0 wegbügelten (für Rechenfüchse: alle drei Minuten eine Bude). Brasilien Krasser Außenseiter und Punktelieferant. Würde in der Oberliga Nordrhein noch Probleme kriegen und wird bei der WM daher sang- und klanglos untergehen. Bester Spieler: Marcello Pletsch. Costa Rica Spätestens seitdem Costa Rica als Gegner Deutschlands im Eröffnungsspiel gelost wurde, hätte Nationaltrainer Alexandre Guimaraes am liebsten sofort den heimischen Ligabetrieb abgebrochen und seine Jungs ins gemeinsame Trainingslager gesteckt. Erst als am 22.4. Deportivo Saprissa mit acht Nationalspielern im Kader das Endspiel um die Meisterschaft gewann, konnte der gebürtige Brasilianer seine Mannen um sich scharen, den Blick voraus auf das Spiel des Jahres für den mittelamerikanischen Staat. Deutschland Nur ein kleines Zitat von Kaiser Franz in seiner Unfehlbarkeit (anno 1990, anlässlich WM-Titel und Wiedervereinigung): "Auf Jahre hinaus wird unsere Nationalmannschaft unschlagbar sein." Ecuador Noch nicht oft bei der WM dabei gewesen, ging der südamerikanische Staat auf Nummer sicher: Die Nationalspieler wurden gediegen in der Militärakademie "Escuela Superior Militar" interniert und nach allen Regeln der Disziplinierungskunst auf den Einsatz in Übersee fitgemacht. Elfenbeinküste Kaum hatte sich die Elfenbeinküste für die WM qualifiziert, geisterte eine neue Vokabel durch die Sportteile deutscher Tageszeitungen: "Ivorer". Abgeleitet vom französischen Côte d'Ivoire wurden damit sperrige Verlegenheitslösungen wie "Elfenbeinküstler" verhindert. Populärster Ivorer ist der beim FC Chelsea unter Vertrag stehende Stürmer Didier Drogba. Ihm zu Ehren wurde in der Heimat sogar ein Bier benannt - was will man mehr... England Nicht jeder Fußballspieler wird nach seiner Karriere Trainer oder Lottobudenpächter. Teddy Sheringham hat sich schon jetzt im Endstadium seiner aktiven Laufbahn ein zweites, gelenkschonendes Standbein geschaffen: Er spielt professionell Poker. Frankreich Als die Qualifikation für die "Bleus" nicht nach Plan lief und das Land die Rückkehr des Nationalheldens Zinedine Zidane forderte, geschah das Wunder: Französische Gazetten zitierten den Mittelfeldspieler mit der Aussage, er werde ins Nationalteam zurückkehren, weil ihm eines Nachts um drei eine mysteriöse Stimme dies befohlen habe. Später dementierte Zidane, er habe sich lediglich mit seinem Bruder besprochen. Ghana Trotz so hochklassiger Spieler wie Abedi Pele und Anthony Yeboah hatte es Ghana in der Vergangenheit nie geschafft, sich für eine WM-Endrunde zu qualifizieren. Nun sind sie endlich dabei, mit einem der teuersten Spieler Europas: Verteidiger Mickaël Essien wechselte im Sommer 2005 für unglaubliche 38 Millionen von Olympique Lyon zum FC Chelsea. Iran Der Torjäger Ali Daei machte 2004 beim 7:0 gegen Laos seine 100. Bude im Nationaldress - mittlerweile ist er mit 107 Treffern weltweiter Rekordhalter. Darauf den Stadionknaller aus seiner Zeit in der Bundesliga: "Hooray, hooray, Ali Ali Daei!" Italien Einen Platzverweis akzeptiert verständlicherweise nicht jeder Spieler mit Gleichmut. Der Italiener Giorgo Ferrini protestierte jedoch bei der WM 1962 in Chile so heftig, dass er von der Polizei vom grünen Geviert entfernt werden musste. Japan Immer diese Homestories: In Japan führte der Vater des Torjägers Masashi Oguro die Reporter zu drei pittoresken Gräbern hinter seiner Autowerkstatt. Dort ruhen die Vorgänger von Oguros kleinem Chihuahua, der mittlerweile zum nationalen Maskottchen mutiert sein dürfte. Kroatien Ein wahrer Ausnahmeathlet: Der kroatische Torwart Tomislav Butina sammelt moderne Kunst, organisiert internationale Kunstfestivals und fördert kroatische Nachwuchskünstler. Mexiko Geheimfavorit mit beängstigend gutem Mittelstürmer: Der 32-jährige "Wüstenfuchs" Jared Borgetti machte in der WM-Qualifikation 14 Hütten in zehn Spielen. Niederlande Achtet bei der Nationalhymne mal drauf: Bei der Textstelle "Wilhelmus von Nassawe bin ich von teutschem Blut" beißt sich der ein oder andere Kicker in oranje regelmäßig auf die Zunge... Paraguay Wahre Vorfreude: In der Stadt Ypané wurde eine Straße in "Paraguayische Nationalmannschaft - Deutschland 2006" umbenannt. Etwas sperrig vielleicht, macht sich aber spektakulär auf Visitenkarten... Polen Ein beneidenswertes Land. In ihm wurden zwei Topstürmer geboren, die bei der WM womöglich für Furore sorgen: Miroslav Klose und Lukas Podolski. Die Sache hat für Polen nur einen Haken... Portugal Superstar mit großem Herz: Als nach dem Tsunami das Foto eines traurigen indonesischen Jungen - bekleidet mit dem Manchester-Trikot Christiano Ronaldos - durch die Presse ging, war der portugiesische Kicker so gerührt, dass er den Jungen von Journalisten ausfindig machen ließ und ihn zu einem Spiel nach Europa einlud. Saudi-Arabien Da fällt einem natürlich gleich die "Schmach von Sapporo" ein - die derbe 0:8-Klatsche gegen Deutschland bei der WM 2002. Nun wird der argentinische Trainer Gabriel Calderon, der im Übrigen schon der 14. Übungsleiter im Königreich seit 1994 ist, alles daran setzen, dass die Saudis ihr enttäuschendes Ergebnis der letzten WM (0 Punkte, 0 Tore) nicht wiederholen. Schweden Mal sehen, welche Gerichte demnächst von deutschen Speisekarten gestrichen werden müssen. Nachdem die titelverteidigende deutsche Mannschaft 1958 gegen die vom Publikum begeistert angefeuerten Schweden ausgeschieden war, entfernten nämlich deutsche Gastwirte erbost Schwedenplatten u.ä. aus ihrem Angebot. Schweiz Tragische Figur Benjamin Huggel: Weil der Schweizer nach dem Skandalspiel gegen die Türkei munter bei den Rangeleien mitmachte, wurde er für sechs Pflichtspiele der Nationalmannschaft gesperrt. Das ist nicht nur bitter, weil die WM für ihn damit flach fällt. Bei einem frühen Ausscheiden der Schweiz wären die nächsten für die Sperre relevanten Pflichtspiele erst die Partien der Europameisterschaft 2008 im eigenen Land - die Schweiz ist wie Mitausrichter Österreich direkt qualifiziert und muss keine Qualifikationsspiele bestreiten. Serbien & Montenegro Das Land sucht immer noch seinen Platz in Europa, dabei sind seine Fußballer dort schon längst angekommen: Die Kicker des Balkanteams spielen u. a. in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, England, Griechenland, Bulgarien und der Türkei. Spanien Auf jeden Fall in den Top-5 der dämlichsten Verletzungen: Santiago Canizares. Kurz vor der WM 2002 versuchte der spanische Torhüter eine zu Boden fallende Aftershave-Flasche mit dem Fuß aufzufangen, verfehlte sie, geriet ins Straucheln, trat herzhaft in die Scherben, Sehne im Fuß durchtrennt, tschüß WM-Teilnahme. Südkorea Pech gehabt: Zwar katapultierte sich Jung-Hwan Ahn durch sein entscheidendes Tor im Viertelfinale der WM 2002 gegen Italien in semigöttliche Gefilde, wurde daraufhin jedoch von seinem pikierten italienischen Arbeitgeber AC Perugia entlassen. Heute kickt er beim MSV Duisburg - so kann's gehen. Togo Ein deutscher Trainer, Otto Pfister, trainiert die ehemalige Kolonie. Der 68-jährige Globetrotter hat in seiner 30-jährigen Trainerkarriere bereits in 14 Ländern gearbeitet. Da seine Spieler in Ligen rund um den Globus verteilt sind, kann er sie erst zum 15. Mai zusammentrommeln und ins gemeinsame Trainingslager schicken. Wahrscheinlich startet er dann als Erstes mit ein paar Kennenlernspielchen. Trinidad & Tobago Das hätte sich Chris Birchall nicht träumen lassen: Beim Spiel seines Klubs Port Vale gegen Wrexham (dritte englische Liga), wurde er vom gegnerischen Innenverteidiger Dennis Lawrence aus Trinidad nach seinem Geburtsort gefragt. Die Antwort war: "Port of Spain, Trinidad". Und so begab es sich, dass der junge englische Flügelstürmer eines Tages die Einladung zum Nationalteam von Trinidad & Tobago erhielt und nun gegen Beckham + Co, seine Idole aus dem TV, antreten darf. Tschechien Das Land hat seinen eigenen Fußball-Philosophen: Tomá? Kafka. Er räsoniert über die universelle Moral des Fußballs und schreibt so wunderbare Sätze wie: "Der Charme des Fußballs, das ist und bleibt der Ball am Fuß. Wenn der Kopf noch mithilft, kann es nur schöner sein." Tunesien Das Team der Nordafrikaner, das mit Torhüter Ali Boumnijel (39) den ältesten Spieler des Turniers stellt, bietet zwar keine spektakulären Geschichten, aber dafür einen sehr klangvollen Kampfnamen: "Die Adler von Karthago". Ukraine Ungewöhnliche Doppelbelastung: Oleg Blochin, ukrainischer Nationaltrainer und einstiger Torjäger von Dynamo Kiew, ist neben seiner Tätigkeit als Coach noch Parlamentsabgeordneter. Hoffentlich liest Lothar Matthäus das jetzt nicht... USA Gut für den amerikanischen Keeper Kasey Keller, in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag, dass die USA ihre Gruppenspiele nicht in Köln absolvieren müssen. Nach dem Sieg seines Vereins gegen den Erzfeind aus der Domstadt schnappte er sich das Megaphon des Einpeitschers und intonierte unter anderem den Klassiker "Cologne, Cologne, die Sch... vom Dom." Ob das die Integration ist, die Schäuble meint? |