Goethe und Schiller auf Achse
KULTUR | KULTURSTADT (15.03.2006)
Von Michael Billig | |
Weimars ganzer Stolz sind die berühmten Poeten Goethe und Schiller. Auf dem Platz vor dem Deutschen National Theater hat man den beiden im Jahr 1857 ein Denkmal gesetzt, das heute jährlich Tausende Touristen in die Klassikerstadt lockt. Jetzt aber sollen Goethe und Schiller von ihrem Sockel gehoben werden und nach Jena wandern. Wird es so kommen? (c) Daniela Brasil Praktisch soll das wie folgt vonstatten gehen: Mit Hilfe eines Krans werden Goethe und Schiller vom Sockel auf einen Lastwagen gehoben. Der Platz neben den LkW-Fahrer ist für den Oberbürgermeister der Stadt Weimar reserviert. Über die Bundesstraße Nummer 7 führt die Reise ins cirka 25 Kilometer entfernte Jena. Zurück bleibt ein Schild: "Wir sind nach Jena gereist aber bald wieder da!" Ziel ist der Marktplatz, wo ein neuer Sockel vorbereitet ist und der hiesige Oberbürgermeister die beiden Dichter empfangen soll. Zur Begrüßung gibt es ein großes Volksfest, wie auch eine Woche später am Tag der Rückkehr in Weimar. Während dieser Zeit, so stellt es sich Daniela Brasil vor, werden die Reaktionen und Meinungen der Bürger in beiden Städten auf Video festgehalten. Wird es den Weimarern überhaupt auffallen, dass Goethe und Schiller nicht mehr vor dem Theater stehen? Und was mögen Touristen denken, wenn sie auf dem Platz halt machen und durch den Sucher ihrer Kamera blicken, um das ehrwürdige Denkmal abzulichten? Das Motiv, welches schon Zehntausende male geknipst wurde, wäre nicht mehr das gleiche und deswegen umso mehr einen Abzug wert. Brasil hat für das Tourismus-Marketing noch einen Vorschlag parat: "Man könnte den Besuchern eine Tour nach Jena anbieten." Ob die Städte Jena und vor allem Weimar sich auf das Projekt einlassen, ist fraglich. Daniela Brasil sagt, dass Verhandlungen stattfinden. Wie es zu finanzieren sei, weiß sie aber auch noch nicht. In einer lokalen Tageszeitung war die Rede davon, dass sich die Künstlerin keine Illusionen mache. Beim Gespräch im "Falken" verwies sie jedoch auf den Reichstagsverhüller Christo. Bei ihm habe es viel Überzeugungsarbeit und 27 Jahre gedauert, ehe er seine Idee in die Realität umsetzen konnte. |