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Amphibische Züge bei Merkel
KULTUR | IN ZEITEN WIE DIESEN (25.07.2010)
Von Denis Mohr
Wann haben Sie das letzte Mal darüber nachgedacht, sich vor lauter Politfrust von den Assassinen rekrutieren zu lassen, um Meuchelmord an einer Leadership-Kröte zu begehen?

Mal was zum Thema Meuchelmord. Das passt hier zwar wahrscheinlich nicht hin, aber eigentlich passt es ja nie irgendwo hin, außer es ist mal wieder die Rede von Assassinen. Denen ist als einziger militanten islamischen Sekte des 12. Jahrhunderts die elende Bürde aufgeladen, noch heute allerorten von der Popkultur wiedergekäut zu werden, weil sie sich mit feinstem Haschisch die Birne zugeömmelt und gegen reichlich Bares hohe Politiker oder andere notorische Imwegsteher abgemurkst haben. So steht's zumindest in den Geschichtsbüchern respektive bei Wikipedia, was in der heutigen Zeit fast genauso gut ist.

Manchmal, beim sinistren Grübeln über politischen Landschaftsbildern der Jetztzeit, denkt man auch ans Meucheln, tadelt sich dann aber ob dieser R.A.F-Gier, vor der man selbst erschreckt, und denkt wieder an Anderes. An Schönes und Harmloses nach Möglichkeit. Beispielsweise an Plüschgiraffen oder an plumöse Küken oder an den nächsten fünfsternigen Malle-Urlaub, in dem man sich endlich mal wieder so richtig schön deutsch wie Sau benehmen kann. Herrenmensch mit Bierwampe und "No habla auch nur einen Brocken Espaniol" in Action. Herrlich. Auf keinen Fall denkt man wieder an Assassinen.

Ministeriale Amtsflucht

Die würden mit ihrem Geschäftmodell heute ohnehin wahrscheinlich wirtschaftlich ganz schön am Stock gehen und sich aus lauter Sozialfrust nur noch in die Kifferei flüchten, gibt es doch nirgendwo mehr Politiker, die es zu meucheln lohnen würde. Und wenn es dann doch mal einer geschafft hat, Volkes gelupfte Augenbraue auf sich zu lenken, tritt er einfach zurück und schmiert sich ein Leberwurstbrot. Oder, noch schlimmer, er tritt nicht zurück und bleibt einfach Außenminister. Bezüglich ministerpräsidialer Ämterflucht scheint sich noch dazu die Mode anzubahnen, sich auf Parteigeheiß mal schnell zum Gesetzesabnickautomaten wählen zu lassen, früher Bundespräsident genannt. Man muss in diesem Zusammenhang natürlich nicht so weit gehen, Herrn Wulff das inaugurierte Bückstück der Kanzlerkröte zu nennen, aber man könnte schon.

iley.de

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Das mit der Kanzlerkröte ist jetzt auch nicht sonderlich nett, aber man könnte einem Blinden den Kopf in Beton eingießen und er würde dennoch attestieren müssen, dass die Physiognomie von Frau M. zusehend amphibische Züge annimmt. Der schwindende Hals, das blähige Gesicht, die miesepetrig nach hinten-unten gezogenen Mundwinkel. Deswegen haben ihr ihre Imageberater-Fuzzis auch diesen vor dem Bauchnabel aufgespannten Rhombus beigebracht, den sie bei jeder öffentlichen Gelegenheit mit den Fingern bildet. Das können Kröten nämlich nicht.

Allerdings hat die werdende Krötenhaftigkeit auch Gutes: Sie ist einer von zwei Gründen, die auch Frau M. mit Unmeuchelbarkeit harnischen. Kröten sind schließlich vom Ausstreben bedroht – und solche, denen ein Fitzelchen Führungqualität durch den wabbeligen Leib pulst, besonders. Gäbe es mehr Leadership-Kröten müsste sich nicht der Rest von ihnen bei Frühlingsbeginn von idealisierten Öko-Heinis mit wild wuchernden Schamharrfrisuren in roten Plastikeimern über Bundesstraßen tragen lassen. Der zweite Grund ist, dass Frau M. den Nimbus der Mutti mit sich herumschleppt. Und nicht einmal der kaltherzigste Assassine mäht eine qua Konsens attributierte Mutti mit traurig dreinblickenden Krötenaugen über den Haufen – egal, wie behascht er ist.

Politische Drögerie

In Zeiten solch aufdringlicher politischer Drögerie, die nur hin und wieder mal mit einem Akt sozialstaatlicher Versteppung ins Rampenlicht kaspert, um mit Popeln nach allen zu schnicken, die dummerweise gerade von Hotelkettenbesitzer auf Spengler-Geselle umgeschult haben, kann man den Geist getrost auf Anderes lenken. Aber das ist gar nicht so einfach. Die erste Vakanzzeit der mentalen Neuausrichtung bringt man noch problemlos mit Internet-Pornos und dem Entwerfen von Daumenkinos mit pädagogisch zweifelhafter Botschaft herum, aber irgendwann braucht es dann wieder etwas mehr Pepp.

Dann braucht es Mantra und Sinn und streitbare Fürs und Widers. Dann braucht es Drangsal und Zündfunken und so ein Dingsbums, mit einer Schnur zum Ziehen dran, und Joie de Vivre und Raison d'etre und den ganzen anderen französischen Klugscheißerkram. Eine zeitlang lassen sich die neu erwachten Begehren mit esoterischem Neo-New-Age-Gedönse abspeisen. Man steigt vom old-school-yuppie-mäßigen Kaffeegesaufe auf grünen und schwarzen Tee um, führt das Wort "blümerant" in seinen Alltagswortschatz ein, streicht alle Innenwände terrakottafarben und kugelt sich die Hüfte aus beim Bemühen, das komplette Mobiliar der Wohnung allwöchentlich gemäß dem Lauf der Gestirne umzurangieren. Aber schon bald beschweren sich die Nachbarn über den ständigen Krach und von dem ganzen Terrakotta kriegt man Erdmännchendepressionen. Also lässt man es wieder und sucht sein Heil in der seit pubertären Liebäugeleien mit dem Atheismus verschmähten Religion.

Der christlichen freilich, die uns als heranwachsenden Mitteleuropäern brühwarm ans Herz gelegt wurde. Und was findet man vor? Sodom und Gomorrah in bester Ecstasyparty-Laune! Die prostestantische Chefgotteslobpreiserin fährt vollgeknattert Auto und feuert dann reumütig Stecken und Stab in die Ecke. Womit ihr allerdings immer noch ein Platz zur Rechten des Herrn beschieden sein dürfte, vergleicht man es mit dem, was die Konkurrenz so mit ihren Hirtenstäben treibt. Man ringt also hilfesuchend die Hände, steigt vor Wut wieder von grünem Tee auf Brennspiritus um und brüllt in die Leere der eigenen Innerlichkeit: "Herr Jesus, womit haben wir dir so die Laune verjuxt, dass du uns mit dieser Bande von Strauchdieben und Triebtätern alleine gelassen hast?"

Vielleicht sollte man einfach zum Islam konvertieren. Aber dann heißt es ja gleich wieder, man sei Assassine, wolle Meuchelmord an der humanistischen Liebherzigkeit des westlich-kulturellen Systems begehen. Sowas lässt man sich natürlich nur sehr ungerne vorwerfen.
   








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