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Profiteure des Überwachungswahns
WIRTSCHAFT | HINTERGRÜNDLICH (16.10.2009)
Von iley Redaktion
Der Verein FoeBuD hat die Verleihung des 10. Big Brother Awards am Freitag in Bielefeld zum Anlass genommen, eine ganze Reihe von Firmen, die ihr Geld mit Überwachungstechnik verdienen, zu outen und zu kritisieren:

Die Firma Quante Netzwerke GmbH beispielsweise bietet Internetprovidern die technische Abwicklung und die juristische Prüfung von behördlichen Überwachungsanordnungen an. Ihr Produkt „Lawful Interception Center” ist das privatwirtschaftliche Gegenstück zur „Bundesabhörzentrale“, Schäubles „Servicezentrum für die Telekommunikationsüberwachung”. Und das geht so: Die Behörden schicken ihre Überwachungsanordnung zur Firma Quante, die per direkter Leitung zum Provider-Netzwerk die Abhörmaßnahme durchführt. Dies setzt voraus, dass der „outsourcende“ Provider einen privilegierten Zugriff auf seine Systeme einrichtet, damit Quante die überwachten Verbindungen „ausleiten“, also an die abhörende Behörde weiterleiten kann. So bedenklich dieses Outsourcing anmutet, aus Sicht der Provider ist es verständlich. Sie müssten sonst für jedes neue Überwachungsgesetz ihre Technik aufrüsten und qualifiziertes Personal vorhalten.

Zentrale Massenansammlung von Daten

Ein anderes Produkt, die „Data Retention Suite” der Firma Utimaco Safeware aus Oberursel ist spezialisiert auf die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Die riesigen Datenmengen, die hier täglich anfallen, werden in so genannten „Data Warehouses” gespeichert und stehen auf Anfrage sekundenschnell zur Verfügung. Wie auch bei Quante ist dieses Produkt als „PoolLösung“ gestaltet, so dass ein System von mehreren Kunden gleichzeitig genutzt werden kann. Problematisch ist dabei die zentrale Sammlung der Daten. Behördenanfragen können über genormte Schnittstellen automatisiert durchgeführt werden, so dass die bisher übliche formale Prüfung der Anordnung durch einen Juristen unmöglich wird. Die automatisierte Abfrage ist gesetzlich vorgeschrieben und durch eine „Technische Richtlinie TKÜ” definiert.
Auf das Mitlauschen im Internet ist die Firma Datakom in Ismaning spezialisiert. Sie ist nach eigenen Angaben „Marktführer bei Technologien für die Verbrechensbekämpfung bei Netzbetreibern und Ermittlungsbehörden”. Ihre Tochterfirma für Schnüffelprodukte heißt passenderweise „GTEN” in Anlehnung an den §10 Grundgesetz, der die Beschränkung des Brief, Post- und Fernmeldegeheimnisses zum Inhalt hat.
Seit 18 Jahren im Geschäft ist die Firma Syborg, mittlerweile durch die amerikanischi-srealische Firma Verint/Comverse übernommen. Syborg liefert vor allem Systeme zum Mitschneiden von Gesprächen zur amtlichen „Datenerhebung und Ausleitung“.

Spionagesoftware und Abhörvorrichtungen

Als Platzhirsch im deutschen Abhörbusiness darf die hessische Firma DigiTask bezeichnet werden, die erst im letztes Jahr in die Schlagzeilen geriet wegen einer Anfrage des Bayerischen Landeskriminalamtes für eine Spionagesoftware, kurz „Trojaner“. 3.500 Euro pro Monat sollte der Einsatz dieser Software kosten, mit der sich laut Angebot verschlüsselte Telefonate über den Skype-Dienst abhören lassen. Wie sich aus veröffentlichten Ausschreibungsunterlagen zusammenrechnen lässt, erhielt die Firma DigiTask im letzten Jahr von deutschen Behörden allein fünf Millionen Euro für solche Überwachungsanlagen und Systeme.
Zusammen mit der Firma Reuter electronic entwickelt DigiTask spezialisierte Abhörvorrichtungen für Polizei und Geheimdienste. An einem Produkt kommt kein deutscher Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen vorbei: Jede Überwachungsanlage muss mit einer „SINABox” der Firma secunet ausgestattet sein, welche die Übertragung der abgehörten Kommunikation auf dem Weg zur Behörde verschlüsselt. Mitbewerber gibt es keine. Derzeit verfügt nur dieses eine Produkt über eine entsprechende Zulassung.

Volltextsuche in Daten mit einer Geschwindigkeit von zehn Gigabyte/Sekunde

Kein deutsches Produkt, aber weltweit bei Internetprovidern in IPNetzwerken eingesetzt, ist die „Service Control Engine” der Firma Cisco. Sie ermöglicht eine „Deep Packet Inspection”, das heißt eine genaue Untersuchung der Datenpakete bis zur Volltextsuche nach Begriffen oder bestimmten Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde. Damit ist jeder Zweifel ausgeräumt, dass eine umfassende Internet-Überwachung auch bei wachsenden Datenmengen problemlos machbar ist.
International tätig und erfolgreich mit Überwachungstechnik war die Firma Nokia Siemens Networks, kurz NSN, welche im letzten Jahr ein Aufzeichnungssystem für Handygespräche in den Iran geliefert hat und dafür auch öffentlich kritisiert wurde. NSN hat im März 2009 seine Überwachungssparte an eine Münchner Beteiligungsgesellschaft verkauft, welche die Firma nun unter dem Namen Trovicor führt. Die wirklich heiklen Geschäfte mit Überwachungstechnik dürften mittlerweile über diese Firma laufen.
   







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