Dresden und die Taliban
KULTUR | BEMERKT (15.07.2008)
Von Michael Billig | |
Mindestens zwei Typen von menschlichen Erdbewohnern ist der Weltkulturerbe-Titel der Unesco schnurz piep egal. Die einen sind Taliban, die anderen Dresdner. Zwischen beiden gibt es aber einen entscheidenden Unterschied. Während die Taliban etwas zerstörten, sind die Dresdner dabei, etwas aufzubauen. Fragt sich nur, was schlimmer ist. Auf den ersten Blick ist klar: Die Taliban sind die größeren Übeltäter. 2001 haben ihre Milizen im Bamiyan-Tal zwei übermenschlich große Buddhas aus der Welt gesprengt. Zuvor hatten sie sich schon mit Panzerfäusten an den in Fels geschlagenen Gottheiten die Zähne ausgebissen. Die Unesco musste hilflos mitansehen, wie Steinbrocken für Steinbrocken aus den Buddhas heraus brach. Erst hatten sie keine Nasen mehr, dann wichen die Ohren, bis sie schließlich ganz im Nirvana verschwanden und nur noch ein riesiges Loch in der Bergwand hinterließen. Im Fall Dresden ist die Unesco wieder zum Zuschauen verdammt. Die Stadt baut eifrig an einer Brücke über die Elbe. Klingt alles andere als nach einem Attentat auf die Kultur. Aber: Diese so schön genannte Waldschlößchenbrücke versperrt den Blick auf ein einmaliges Panorama, mit dem es Dresden und das Elbtal auf die Liste der Weltkulturerbe geschafft haben. Verzweifelt greift die Unesco jetzt zu talibanischen Methoden und fordert, dass die Brücke umgehend – nein, nicht gesprengt werden - wieder verschwinden soll. Dabei stehen bisher nur zwei Brückenköpfe, auch die sollen weg. Wie, das ist die Sache der Stadt. Aber die denkt nicht daran und lässt sich lieber auf die Liste der bedrohten Weltkulturerbe setzen, was schon einer Kriegserklärung an die Unesco gleicht. Doch der Druck der Unesco ist nicht mehr als heiße Luft. Die Taliban ließen da die Waffen sprechen. Und bei den Dresdnern siegen die Argumente Auto und Verkehr. |