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Sturm auf die Bezirksregierung
POLITIK | VOR ORT: Münster (09.06.2010)
Von Olaf Götze
Im Anschluss an die Bildungsstreik-Demonstration in Münster am 9. Juni 2010 begeben sich einige SchülerInnen und ein paar Studierende auf den Weg zur Bezirksregierung, um dort ihrem Ärger Luft zu machen. Etwa 50 junge Menschen stürmen den sogenannten Bürgersaal.

O. Götze

Wollten sich in der Bezirksregierung Münster Gehör verschaffen: Bildungsstreiker. (c) O. Götze

Ihr lautstarker Protest stößt zunächst nur auf einige verwirrte Angestellte an der Rezeption. Der Regierungspräsident und seine Stellvertreterin sind außer Haus. Doch zwei andere Personen stellen sich den SchülerInnen: Die Leiterin der Abteilung Kommunalaufsicht, Diana Ewert, und der Leiter des Dezernats Gymnasium Johannes Kaiser. Kaiser ist dafür aus einer laufenden Sitzung gekommen.

In Wortgefechten geht es direkt zur Sache. "Warum gibt es kein Geld für Bildung?" In den Schulen falle zum Teil der Putz von der Decke und es passiert nichts. Die VertreterInnen der Bezirksregierung versuchen, ihren Kompetenzbereich zu umreißen – Gebäudeunterhaltung sei Sache der Kommunen und hier müsse man differenzieren, von Kommune zu Kommune und von Schule zu Schule. Man könne nichts schönreden, aber es sei auch nicht alles grundsätzlich schlecht. Es sei in jedem Falle gut, dass die SchülerInnen hier protestieren. Alle Parteien seien sich ja auch darin einig, dass Bildung vorgehe, hören die SchülerInnen Ewert und Kaiser sagen.

Bildung geht vor? Daran zweifeln die SchülerInnen offenbar. An seiner Schule seien die uralten Fenster undicht und auch sonst sei das Gebäude in einem schlechten Zustand, berichtet ein Schüler aus dem münsterländischen Lengereich. Für eine Sanierung sei kein Geld da. Gleichzeitig werde aber für 21 Millionen Euro eine neue Autobahnabfahrt gebaut, fährt er kopfschüttelnd fort.

"Das Geld ist natürlich in verschiedenen Ressorts untergebracht", erklärt Kaiser. Er spricht von einer finanziellen Situation, die insgesamt schwierig sei. Dennoch gebe es positive Erfahrungen. Etwa individuelle Förderung, die mehr und mehr umgesetzt werde. Die Landesregierung NRW habe in den vergangenen Jahren 200 Schulpsychologen eingestellt. Er gehe davon aus, dass mit sinkenden SchülerInnenzahlen keine LehrerInnenstellen gekürzt, sondern die Klassen verkleinert würden.

Die SchülerInnen haken weiter nach: "Warum wird immer wieder versucht, SchülerInnen mit Legasthenie vom Gymnasium auf die Realschule abzuschieben? Warum wurde ich auf Grund meines Aussehens – ich bin gepierct - an der Berufsschule abgelehnt?" Hier schaltet sich Kaiser ein, denn so etwas dürfe nicht geschehen, sei rechtlich fragwürdig und die SchülerInnen hätten in der Bezirksregierung in diesen Fällen jederzeit einen Ansprechpartner. Er reicht seine Visitenkarte weiter und erntet erstmals Applaus.

Die grundsätzlichen Fragen jedoch bleiben. Wenn die Bezirksregierung den SchülerInnen helfen wolle, warum mache sie sich nicht für sie gegenüber der Landesregierung stark? Noch nie habe etwas derartiges in der Zeitung gestanden. Auch andere VertreterInnen im Bildungsbereich – etwa die SchulleiterInnen täten dies selten, beklagen die SchülerInnen. Für sie sei es ungleich schwerer, sich Geltung zu verschaffen. Sie haben kein Streikrecht, ihnen drohen unentschuldigte Fehlstunden.

Solche Probleme würden intern diskutiert und nicht über die Presse, entgegnet Kaiser. Als Vertreter der SchülerInnen sehe er sich auch nicht. Die Vorgaben müssten allerdings auf politischem Wege durch Teilnahme an Wahlen entschieden werden. Doch die meisten der Anwesenden sind noch zu jung, um wählen zu dürfen.

Weiterführende Links
http://www.muensterschezeitung.de/lokale...asse;art993,931451,CMünstersche Zeitung: Fotostrecke zum Bildungsstreik
   




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