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Aus Liebe zur Demokratie
POLITIK | ROTER TEPPICH (15.03.2005)
Von Oliver Lackorn
Das war er also, der Besuch des mächtigsten Mannes der Welt, des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, im alten Europa.

Einen zwiespältigen Eindruck hat es hinterlassen, dieses "kurz mal reinschauen und Hallo sagen". Nicht das der Präsident vorher sehr beliebt war. Bis auf wenige Ausnahmen überwiegt eine Abneigung gegenüber der US-amerikanische Außenpolitik. Genau genommen ist nicht einmal sein eigenes Volk von ihm überzeugt. Die zweite Wahl hat er nur knapp gewonnen, von der ersten ganz zu schweigen. Laut Umfragen in den USA ist er der unpopulärste Präsident überhaupt. Und durch seinen Alleingang im Irak hat er es sich auch diesseits des Atlantiks bei vielen ehemaligen Anhängern verscherzt. Aber das soll nun alles anders werden. Mr. Bush startet seine Charmeoffensive, und sein zweites Opfer heißt Mainz in Deutschland. Allerdings hätte ihm wohl einer seiner Redenschreiber und Berater sagen sollen, dass man auf so eine Art und Weise keine Volksnähe zelebrieren kann. Aber der Reihe nach: Mr. Bush war an einem Mittwochmorgen zu seinem elfstündigen Besuch angereist und in Frankfurt/Main gelandet. Deshalb wurde kurzerhand der Flugplatz abgesperrt. Zahlreiche Flüge wurden gestrichen, weitaus mehr verspäteten sich. Für die anschließende Fahrt nach Mainz wurden sämtliche umliegenden Autobahnen abgeriegelt, die Schifffahrt auf dem Rhein verboten und Züge gestoppt. Für das Mittagessen von Bush und Schröder wurde das Mainzer Schloss hermetisch abgeriegelt, und zwar weiträumig. Dazu wurden Passanten verjagt, Straßen blockiert und Gullydeckel zugeschweißt. Sämtliche umliegenden Firmen mussten schließen, sogar das Opel-Werk in Rüsselsheim war betroffen. Und das alles mit einem enormen Aufgebot an Polizei aus ganz Deutschland. Von den Verdienstausfällen und Kosten einer solchen Aktion ganz zu schweigen, wenn man bedenkt, was bereits ein Atommüll-Transport mit einer Hand voll angeketteter Demonstranten an Steuergeldern verschlingt. Nein, Mr. President, so macht man sich höchstens unbeliebt im alten Europa. Die fragwürdige Freiheit eines Einzelnen zu erkaufen, indem man tausende anderer Menschen ihrer Freiheit beraubt, ist eine seltsame Art der Demokratie. Schließlich steht das Recht auf Freiheit aller Art sowohl in der deutschen als auch in der US-amerikanischen Verfassung, und zwar ziemlich weit vorne. Es ist schon bizarr, wenn der US-Präsident die weltweite Verbreitung der Demokratie und seines Freiheitsverständnisses predigt, und anschließend bei seinem erstbesten Besuch die herrschenden Grundrechte aushebelt. Da scheint es nicht verwunderlich, wenn die Drohung der USA, die Demokratie über die Erde bis in den letzten Winkel zu bringen, von der restlichen Welt eher mit Entsetzten als mit Begeisterung aufgenommen wird.
   





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