Jahrtausendwende
| gedehnte Vogelschreie hallen aus
den himmelhohen Bäumen
kündigen die zwölfte Stunde des Tages an
unter der Schwinge pfeift die moosige Luft
die Sonne schneidet dunkle Schatten in die rote Erde
schwer wie Erdschollen bleibt sie
an den Schuhsohlen haften
Stimmen fangen sich nahe
über dem Lehmboden
zwischen großen Blättern
Tage zuvor starb die Dorfälteste
fast erblindet und sich den Kopf und die Glieder
in der Nachmittagssonne wärmend
erzählte sie noch
von den großen Kriegern ihres Volkes
damals
an der vorletzten Jahrhundertwende
als sie Kind war
am Ende ihrer Geschichten
die längst Verstorbene sprechen ließen
blieb der Geldschein in ihrer Hand - eine Geschenk -
nur ein Stück Papier
Fünftausend Shilling
die Bedeutung dieser Worte
war nicht in ihrem Gedächtnis verwurzelt
ob ich auch bangili, Armbänder, trage
fragte sie mich zum Abschluß
und war zufrieden als sie meinen
jenseits ihres Kontinents
gekauften Modeschmuck ertastete
ja, eine richtige Frau
wo sich die Lehmstraßen kreuzen
am Knotenpunkt des Dorfes
trifft sich die Jugend vor Bretterbuden
der letzte Bus runter in die Stadt fuhr schon vor einer Stunde
über ein kleines Radio verbreitet ein Priester
laut und diktatorisch seine Botschaft
der neuste Song eines Rappers folgt und dann
leitenTrommeln die Nachrichten aus der Welt ein
die Vögel sind verstummt
schwarzblau sickert die Nacht auf den Boden
bis Himmel und Erde für das Auge ununterscheidbar werden | |
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Von Kabasia Chuwa
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