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So nicht - auch nicht im Völkerrecht
POLITIK | ANGESPITZT (15.09.2006)
Von Heinz Kobald
Der unerzogene Sohn meines Nachbarn zielt immer wieder mit seinen Pfeilen auf mich. Vom Balkon der Nachbarwohnung, dem Hochsitz des jugendlichen Jägers, bin ich auf meinem Balkon sein Rehbock.

Die Metallspitzen seiner Pfeile haben meine Wade und meinen Oberarm bereits durchbohrt. Vorsprachen bei seinem Vater führten zu keinem Erfolg. Der erfand stets unwiderlegbare Ausreden: Es würden bei ihm keine Pfeile fehlen. Sein Sohn kann den Bogen überhaupt nicht spannen, das gelingt nur der Kraft eines Mannes, usw. So stand ich dann stets zum zweiten Mal als Opfer vor der Türe meines Nachbarn.
Nach dem letzten Treffer des Schützen renne ich aus meiner Wohnung, hinüber zum Nachbarn, klingele nicht, sondern trete die Türe zur Wohnung ein. Zertrümmere alles Mobiliar in der Reichweite meiner wuchtigen Schläge.
Der zweite Sohn der Familie erliegt meinen Schlägen. Das war durchaus nicht so gewollt, mein Ziel war ja der andere Sohn. Aber der eben erschlagene könnte ja auch auf mich schießen. Dem Vater, der sich mir in den Weg stellt, breche ich das linke Schienbein und den rechten Unterarm. Er hat Glück. Dem Sohn, der auf mich geschossen hat, zerschlage ich beide Hände. Den Bogen und die Pfeile nehme ich mit.

So nicht - auch nicht im Völkerrecht.

Warum denn nicht?
Hat das tatsächlich jemand gefragt?

Wo wohnt der denn?
Was hat der denn für Nachbarn?

Ach, ja, ich hab den Kampfsport auf den Schulhöfen ganz vergessen!
Entschuldigung.

Natürlich.
Ich werde also nicht selbst zu meinem Nachbarn hinüber laufen.

Das macht mein muscle-body-guard, mein Filius.
Der kennt die neuesten Schläge.

So kommt das auch aus der Ebene der Erwachsenen heraus.
Das ist die Lösung!

Wie die Söhne das dann angehen, wenn sie selbst erwachsen sind?
Weiß ich doch nicht.
Ich hab selbst schon genug zu kämpfen.

Die Jungs sind doch jetzt arbeitslos.
Da haben sie dann wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung.
Geht doch auch um soziales Verhalten? Oder nicht?
Um Konflikt-Lösung. So heißt das doch?

Also, wenn sie jetzt nicht meine Wohnung sofort verlassen,
dann muß ich sie selbst hinaus werfen.
Mein Sohn kommt heute sehr spät in der Nacht nach Hause.
So lange kann ich aber nicht warten.

Ist jetzt alles klar?

Das ist eine Art von "Selbst-Justiz", die in unserem Staat nicht erlaubt ist.
Was Israel im Libanon tat, ist ebenfalls selbst angemaßte Ausübung einer Welt-Justiz, ohne jede Selbst-Beschränkung.

Die Rechtstaatlichkeit, die im Inneren die Gesellschafts-Ordnung eines Staates zusammen hält, gilt ebenso für die Beziehungen der Staaten untereinander.

Oder Johann Gottlieb Fichte "Von der Selbstverteidigung" aus "Das System der Rechtslehre", II. Teil: "Nur dadurch bekommt ein Individuum ein Recht, dass es sich aller eigenen Gerechtigkeit begibt, und sie der Staatsgewalt überlässt.
Bei der Selbstverteidigung aber werfe ich mich selbst zum Richter auf, was ich durch meinen Eintritt in den Staat aufgegeben habe.
Sie ist darum durchaus verboten, und der Rechtswille kann sie nur da zulassen, wo der Staat nicht schützen kann; denn da ist kein Staat, und wir treten auf das Gebiet des Naturzustandes."

Das Völkerrecht ist nichts anderes als das BGB der Völker.

Ist jetzt alles klar?
   



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