Zur aktuellen Ausgabe    
   
 
   
Bologna - reformieren oder abschaffen?
POLITIK | ZUR DEBATTE (13.03.2010)
Von Jörg Rostek
Die Bologna-Kritiker, die sich in Wien versammelt haben, begreifen den Prozess als eine Reform, die „von oben“ diktiert worden ist. Das international besetzte Podium zum Auftakt ihres „Gegen-Gipfels“ machte deutlich, dass ihre Kritik weit über ECTS-Punkte und Workload hinaus geht.

Einige wollen die Bologna-Reform im Mülleimer der Geschichte sehen, andere wollen die Reform der Reform. Für die einen ist er der Arm des Kapitals und der Wirtschaft, wieder andere schauen genauer hin. Doch ob nun syndikalistische Kommunisten, anarchische FeministInnen oder gemäßigte Bildungsaktivisten - sie alle wissen, dass noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Sie wissen aber auch, dass sie in den vergangenen Monaten viel erreicht haben.

Jelena Veltic betonte, dass der Zeitpunkt für eine Reform der Reform günstig sei. Die Probleme, welche Bologna verursache, würden die Studierenden Europas einen. Doch leider, so die Studentin aus Belgrad weiter, sei der Prozess so komplex, dass seine negativen Auswirkungen Menschen, die nicht davon betroffen sind, nur schwer vermittelbar seien.

Mate Kapovic sprach die osteuropäische Perspektive an. Der Student aus Zagreb bezeichnete den Bologna-Prozess als "neoliberales Projekt", das in seinem Heimatland schwer zu kritisieren sei, da, die Europäische Union per se als etwas Fortschrittliches und Begrüßenswertes gelte.

Andreas Keller von der deutschen Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft meinte, man müsse die Kritik am Bologna-Prozess strategisch anlegen und zwei Dimensionen unterscheiden: die Ziele der Reform und ihre Umsetzung. "Internationalisierung und die Förderung studentischer Mobilität sind nicht kritikwürdig. Die Umsetzung jedoch, hat genau das Gegenteil bewirkt", sagte er . Die Politik müsse mit ihren "eigenen Waffen geschlagen werden". Deshalb müsse man die Bologna-Deklaration genau studieren.

Isabelle Bruno, eine Dozentin aus Frankreich, bezeichnete sich selbst als "Opfer des Bologna-Prozesses". Sie gab maßgeblich der sogenannten "Lissabon-Strategie" die Schuld an den negativen Auswirkungen durch Bologna. Die Hochschulen seien durch diese Strategie in einen "Wettbewerb gegeneinander" eingetreten, der Kooperation zwischen ihnen verhindere, die Beschäftigen zunehmend unter Druck setze und prekäre Arbeitsverhältnisse schaffe.

Ob nun der Bologna-Prozess das Produkt einer neoliberal-konservatien EU ist, ob freie Hochschulen im Kapitalismus überhaupt möglich sind und ob die Reform wieder abgeschafft gehört oder doch noch reformierbar ist - diese Frage beantworten viele der in Wien angereisten Studierende auf ihre Weise. Die Studentin Jelena Veltic hat recht, wenn sie sagt: „Es sind die Folgen des Bologna-Prozesses, welche die europäischen Studierenden zusammenführen.“ Und, dass sie wehtun, darin sind sich alle einig.
   





Unsere Texte nach Ressorts
GESELLSCHAFTPOLITIKKULTURREISEUMWELTWIRTSCHAFTSPORT
Ein sächsisches Dorf kann auch andersNewtons zweiter SiegWo Nachbarn zur Familie gehörenNur kein zweites KreuzviertelLiebe über den Tod hinausJede Fahrt eine DrogenfahrtEine Million Euro für die Cannabis-LobbyArmutszuwanderung? Eine Untergrunddebatte!Mails verschlüsseln leicht gemachtVerschlüsseln - eine Notlösung Soziale Demokratie geht auch ohne SPDBedingt verhandlungsbereitDas vergessene Massaker von AndischanDas Ende von Lüge und SelbstbetrugGeteiltes Volk einig im Kampf gegen IS-TerrorDie Urkatastrophe und wirDas Ende rückt immer näherNeue Regierung, neue Krisen, neue FehlerMerkels neues WirHausfotograf der deutschen Sozialdemokratie Liebeserklärung eines Linksträgers. Oder...Mit der Lizenz zum AusrastenDer beste Mann für Afghanistan"Weil sie auch nur Opfer sind"Gestatten, Gronausaurus!Missratenes PashtunenporträtDie Band LilabungalowWo Leibniz und Wagner die Schulbank drücktenHitler in der Pizza-SchachtelDie Freiheit des Radfahrens In der Wildnis vergessenStau in der FahrradhochburgMitfahrer lenken selbstÜber Wroclaw nach Lwiw - eine verrückte TourIm Frühjahr durch den Norden Polens - Teil 2Im Frühjahr durch den Norden Polens - Teil 1Sounds of KenyaDie 41-Euro-SündeRive Gauche vs. Rive DroiteOranje im Freudentaumel Drei Naturerlebnisse in einemDas Gegenteil von KollapsDas Gift von KöllikenDas große Pottwal-PuzzleBio bis in die letzte FaserDer WonnemonatKlimakiller sattDer Monsun - vom Quell des Lebens zum katastrophalen NaturphänomenR136a1 - Schwerer und heller als die SonneDie Rückkehr zur Wildnis Wie die Hausverwaltung GMRE ihre Mieter abzocktWachstum und BeschäftigungSo schmeckt der SommerMakler der LuxusklasseGeburtshelferinnen vom Aussterben bedrohtVersenkte Milliarden und eine verseuchte BuchtWohnungen als WareAufstieg, Krise und Fall der AtomwirtschaftDie längste Brücke Deutschlands entstehtDie Geschichte der 'Alternativlosigkeit' - Teil 2 Fußballtempel MaracanãGlanz und Niedergang der Fanclubsiley.de drückt Maschine Münster die DaumenUnsere Veranstaltungsreihe im Web TVFrankreich ist ein heißer Kandidat fürs FinaleSpanien wird den Titel verteidigenFür Deutschland ist im Halbfinale SchlussPolen hat das Zeug für eine ÜberraschungForscher, Fans und PolizeiFußball im Würgegriff der Mafia
 
Ja, auch diese Webseite verwendet Cookies. Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz