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Das Amt für Arbeitsbeschaffung
WIRTSCHAFT | REALSATIRE (23.02.2011)
Von Hannes Lange
Nach langen Jahren habe ich endlich mein Studium beendet. Gesellschaftstypisch habe ich einige Perspektiven und viele Möglichkeiten, aber nix Konkretes. Da ich zwar von der Uni die Schnauze voll habe, mich das aber wiederum nicht ernährt, bleibt nur eine Option.

Harry Hautumm / pixelio.de

An Überlastung nach dem Besuch im A-Amt gestorben: ein potenzieller Selbständiger- (c) Harry Hautumm / pixelio.de

Okay, okay, die naheliegenden Sachen wie Eltern anpumpen, im Lotto gewinnen, bei Günther Jauch die Millionen abräumen hatte ich schon probiert. Mir blieb nur eine LETZTE Möglichkeit: das Arbeitsamt oder besser: die Agentur für Arbeit. Uaaaah, Hort des Schreckens und Heim vieler böser Geschichten. Frohgemutes machte ich mich also auf den Weg zur Agentur, mal schauen, wie mir die Arbeitsagenten helfen können.

In der Eingangshalle erstmal orientieren. Als Neuling konnte ich kein System erkennen, also einfach irgendwo hinstellen. Das Anstellen dauerte erfreulich kurz, dann war ich an der Reihe. Mein Gegenüber war offensichtlich Agent 0-10, denn ein anderes Schild vielleicht mit Namen suchte ich vergeblich. Gut, dass ich nicht erst zum Pförtner gegangen war, bei Agent 00 hätte es mich vor Lachen zerrissen. Zurück zum Thema. Agent 0-10 schien sachlich eine Koryphäe zu sein, wozu da Wert legen auf falsche Freundlichkeit?

Ich schildere mein Anliegen, besser, ich versuche es: „Guten Tag, ich werde am Ende des Monats mein Studium beenden…“ – „Sie beenden Ihr Studium? Mit Abschluss?“ Zaghaftes Nicken. „Dann sind Sie hier falsch!“
Wahnsinn! In nur fünf Sekunden die Situation erkannt und eine Lösungsstrategie entwickelt. Agent 010 war ein Ausbund an Effektivität. Current Situation analysis and solution strategy development at its best. Die Folge für mich? Falsches Gebäude, 400 Meter weiter nochmal fragen.

Aufstieg in die nächste Etage

Im anderen Gebäude zunächst wieder Empfang, Verslein aufsagen, diesmal bis zum Ende. Ich werde befördert und darf in die nächste Ebene aufsteigen. Ich sage, dass ich selbständig bin, aber aus meiner Tätigkeit noch kein Einkommen erziele. Kurzzeitig Verwirrung. Ups, sorry, mein Fehler, ich passe nicht ins Schema. Dann die Erkenntnis: Dafür ist eine andere Außenstelle zuständig. Die Anträge gibt’s aber im Hauptgebäude. Ich lächele freundlich und gehe.

Im Hauptgebäude überlege ich, mich wieder bei Agent 010 anzustellen. Ich war 'ne Viertelstunde weg, mal schauen, ob sie sich erinnern kann. Da mir aber die Schlange zu lang ist, gehe ich zu einem anderen Agenten an Schalter 008. Der gleiche reservierte Gesichtsausdruck – wahrscheinlich gibt’s dafür extra Schulungen, die jeder Agent durchlaufen muss.
Wieder mein Sprüchlein – ich sehe wie der Agent kombiniert und zu einer Gegenfrage ansetzen will – doch diesmal bin ich schneller. „Im anderen Gebäude war ich schön.“ Dazu mein gewinnendstes Lächeln. Auf der anderen Seite dreht das Gehirn Extra-Runden. Was hilft in solchen Fällen? Richtig, einfach weiter delegieren. So komme ich ziemlich schnell doch noch zu einer Sachbearbeitern. Die kann mir zwar nicht weiterhelfen, ist aber nett und freundlich. Irgendwie fühlt man sich gut aufgehoben, auch wenn am Ende nicht viel raus kommt. Meine Fragen werden nicht beantwortet, dafür ergeben sich neue. Ich sehe noch einiges an Arbeit auf mich zukommen. Und da geht mir ein Licht auf. Ich erkenne langsam, wie das System funktioniert. In der Mühle Arbeitsagentur läuft man von Pontius zu Pilatus, muss warten, reden, sich erklären, Zettel ausfüllen, Schlange stehen.
Das Ergebnis ist zwar marginal, aber man hat trotzdem das Gefühl, extrem viel geleistet zu haben. Da ich noch mehrmals den Weg dorthin einschlagen muss, sind wieder ein paar Tage weg. Super, die Agentur schafft wirklich Beschäftigung.

Und, wo ich gerade so lobende Worte finde. Die Agentur scheint extrem effektiv zu arbeiten. Wie sonst ist zu erklären, dass die Agentur an vier Tagen in der Woche nur von 8 – 12 Uhr geöffnet hat?
   




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