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Zum Wesen des Gartens: Stille statt Motoren
UMWELT | MIT OFFENEN OHREN (30.06.2009)
Von Boje Maaßen
Bei schönstem Sonnenschein, man hört deutlich die Vögel singen, genießen unsere Freunde an einem Sonnabendnachmittag bei Kaffee und Kuchen ihren Garten. Plötzlich zerreißt ohrenbetäubender Krach die friedliche Atmosphäre.

ABermueller/pixelio.de

Der Rasenmähermann (c) ABermueller/pixelio.de

Für sie unsichtbar, weil durch eine Hecke getrennt, aber in unmittelbarer Nähe, startet der Rasenmäher des lieben Nachbarn. Er muss die Kaffeegesellschaft eigentlich gesehen haben, hat aber natürlich kein schlechtes Gewissen, denn es steht ja schließlich in seiner Freiheit, innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Zeiten seinen Rasen zu mähen, wann immer er will - zumal er diesem seit zehn Tagen keinen Kurzschnitt mehr verpasst hat, so dass ein Aufschub nicht mehr möglich war. Ist dieses Argumente überzeugend? Ich meine nicht. Warum nicht? Lärm ist der Gesundheit abträglich. Aber viele Tätigkeiten sind eben nicht leise, können es gar nicht sein. Deswegen kommt alles darauf an, zwischen unvermeidlichem wie Baulärm und vermeidbarem Lärm wie aufheulende Motorräder zu unterscheiden. Wie sieht es im Garten aus? Das Wort “Paradies” enthält ja die Bedeutung “Garten Eden” oder “Garten Gottes” und nicht, zumindest vom Lärm her, “Kriegsschauplatz”. Lärm, Gestank, Aggression sind leider zu häufig Gast in unseren Gärten. Da werden mit elektrischen bzw. motorisierten Rasenmähern, mit Vertikutierern, mit Häckslern, mit Motorsägen und motorisierten
Geräten, deren Funktion und Namen ich gar nicht kenne, gemäht, geschnitten, umgegraben, beseitigt. Alles Tätigkeiten, die man meiner Erfahrung nach auch per Hand durchführen könnte. Deswegen, um nicht nur zu theoretisieren, habe ich mir einen Handrasenmäher zugelegt. Kein Krach, kein Gestank, kein schlechtes Gewissen.

Der Natur Freiheit lassen

Der Schnitt entspricht nicht ganz den Vorgaben der Werbeplakate, d. h. er ist naturnaher und damit - so meine ich - auch schöner anzusehen. Obwohl auch mit diesem Verfahren Lebewesen umgebracht werden, herrscht bei dieser Arbeit - zumindest aus meiner Sicht - eine Art Stille und Frieden, denn das Klappern dieses Gerätes hat nichts Aggressives an sich. Außerdem erübrigt sich durch diese körperliche Anstrengung der Gang ins Fitnessstudio. Um es deutlich zu sagen. Ich bin nicht gegen Gartenarbeit, denn der Garten war immer gebändigte und geordnete Natur im Unterschied zu der ihn umgebenden wilden Natur. Aber inzwischen ist die Umgebung nicht mehr wild, sondern intensive Kultur (cultura enthält “bebauen”) in Form von mit Lärm gefüllten Straßen, Gebäuden, bestellten Feldern. Deshalb muss der Garten heute nicht mehr so streng der unbedingten Ordnung und Herrschaft unterworfen werden wie in vorindustriellen Zeiten. Es muss nicht alles einheitlich sein, es ist kein Grund zur Panik, wenn einige Gänseblümchen in unserem Rasen durch ihr reines Dasein Aufenthaltsrecht einfordern. Der Philosoph Leibniz sagt: natura non facit saltus (die Natur macht keine Sprünge), was für den Garten hieße, auf reine geometrische Formen zu verzichten und der Natur - natürlich innerhalb eines Rahmens - Freiheitsmöglichkeiten in ihrem Wachstum und Ausbreitung zu lassen. Und das Wichtigste, wenn irgend möglich, auf schweres motorisiertes Gerät zu verzichten und stattdessen mit Hilfe der Hand verändernd einzugreifen, denn die Hand ist behutsam und zielgenau.
Wer doch nicht auf den Einsatz seines Rasenmähers verzichten will, sollte nur einen elektrischen einsetzen. Da häufig Rasenmäher im Laufe eines Tages ganztägig präzise zeitlich hintereinander eingesetzt werden, d. h. selten zur selben Zeit laufen, wäre es sinnvoll, drei Handlungsnormen aufzustellen: Norm A: eher am Beginn der Woche und nicht am Wochenende, Norm B: entweder von 9-10 bzw. von 17-18 Uhr, Norm C: möglichst nicht an schönen Sonnentagen mähen. Eine solche Regelung wäre meiner Ansicht nach zumutbar und kein Angriff auf die Freiheit.
   





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