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Traum(a)insel Nias
WIRTSCHAFT | INDONESIEN (15.01.2007)
Von Catharina Weule
Was bis vor zwei Jahren nur Surfern und Missionaren ein Begriff war, ist spätestens seit dem Tsunami mehr Menschen bekannt: Nias. Warum diese "kleine" Insel - beinah doppelt so groß wie das Saarland - trotz der vielen internationalen Hilfe noch immer isoliert ist.

Catharina Weule

Die schönen Seiten der Insel Nias. (c) Catharina Weule


Nias liegt rund 125 Kilometer vor der Westküste Sumatras und gehört mit 5625 km² zu den kleineren Inseln im riesigen indonesischen Archipel. Sie ist vulkanischen Ursprungs und zählt ungefähr 650.000 Einwohner, von denen ein Zehntel in der Inselhauptstadt Gunung Sitoli leben. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus den indigenen Niassern, die seit mehr als tausend Jahren dort ansässig und vermutlich aus Myanmar eingewandert sind. Sie waren als Kopfjäger in Südostasien gefürchtet und wurden deswegen von den Europäern und Malaien lange Zeit gemieden. Auch durch den unruhigen indischen Ozean rund um die Insel erlebte Nias eine starke Isolation, da es schwer war, sie auf dem Seeweg zu erreichen.
Die Insel ist jedoch nicht nur geographisch sondern auch sozio-ökonomisch vom Rest des Landes weitgehend abgeschnitten. Bereits vor dem Tsunami und dem nachfolgenden Erdbeben am 28. März 2005 gehörte Nias zu den ärmeren Gegenden Indonesiens. Die meisten Einwohner leben von der Subsistenzwirtschaft. Das durchschnittliche Gehalt liegt bei monatlich etwa 10 Euro pro Person.

Etlichen Gesprächen mit Nonnen und lokalen Bewohnerinnen ließ sich entnehmen, dass es auf Nias bei der Geburt von Kindern eine der höchsten Frauensterblichkeitsraten in ganz Indonesien gibt. Analphabetismus ist ein weiteres Problem. Dazu kommt eine rudimentäre Infrastruktur. Nicht nur, dass der Zugang zur Insel übers Meer schon beschwerlich ist. Auch die Fortbewegung auf dem Land ist mit Hindernissen versehen. So braucht man für den Weg von der West- an die Ostküste, der als Luftlinie nur 40 Kilomter misst, fast vier Stunden mit einem Allrad betriebenen Auto - und man wird dabei noch kräftig durchgeschüttelt. Viele Dörfer sind nur mit Booten und über stundenlange Fußmärsche erreichbar.

Einige Indonesien-Experten führen die sozio-ökonomische Isolation der Insel auf religiöse Hintergründe zurück. Nias ist mehrheitlich christlich. Fast 90 Prozent der Bevölkerung sind missioniert - und das im bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt. Da kommt der Vorwurf auf, dass die Regierung in Jakarta sich zu wenig um die Belange der christlich geprägten Insel kümmere. Es ist schon etwas auffällig, betrachtet man die Soforthilfe seitens der Regierung, die die Provinz Aceh (Nordsumatra) erfahren und die, die Nias nicht erreicht hat.
Diese unterschiedliche Gewichtung bereitet allen Schwierigkeiten, die auf Nias tätig sind. Während Aceh technisch und finanziell ausreichend ausgestattet wurde, fehlt es auf Nias vor allem an infrastruktureller Erschließung. Die Regierung unternahm anfänglich wenig für eine funktionierende Logistikbasis. Es mangelte an passierbaren Straßen und Brücken sowie an Hilfe aus der Luft (Helikopter, Flugzeuge, etc.). Auch Materialien, wie Holz, Zement und Stahl sind auf Nias kaum zu beschaffen. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Aufgaben, die eigentlich dem Staat zufallen, erledigen meist die zahlreichen internationalen Hilfsorganisationen. Ihre eigentliche Betätigungsfelder liegen vor allem im Wiederaufbau der Häuser und Schulen, sowie in der sozialen Arbeit. Hierunter fallen verschiedenste Projekte für und mit Waisenkindern, welche zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie zur Wasseraufbereitung. Für eine Projektimplementierung ist allerdings ein gewisses Maß an Infrastruktur erforderlich und das Fehlen eben dieser führt zu dem oft als langsam kritisierten Wiederaufbau.

Beim Tsunami am 26. Dezember 2004 starben auf Nias mehr als 300 Personen. Bei besagtem starken Erdbeben kamen etwa 1000 Menschen ums Leben, über 3000 wurden verletzt. In der Inselhauptstadt wurden bis zu 80 Prozent der Gebäude und ein Großteil der Häfen zerstört. So hat sich beispielsweise an der Westküste an einem Ort namens Sirombu der Meeresboden um cirka zwei Meter gehoben, mit der Folge, dass das Meer zurückgewichen ist. Die alte Hafenmole hängt buchstäblich in der Luft. Und noch immer ist die Erde hier aktiv. Über 700 Nachbeben wurden seit dem 28. März 2005 auf Nias gemessen.
   






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