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Ich bin schwul und das ist auch gut so!
GESELLSCHAFT | HAUPTSTADT (15.03.2005)
Von Ronald Hild
Wohl selten ist eine Person, die im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht, so offensiv mit der eigenen Homosexualität umgegangen, wie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

www.klaus-wowereit.de

Ein smarter Typ. So stellt sich Klaus Wowereit in der Öffentlichkeit und auf seiner Internetseite vor. (c) www.klaus-wowereit.de

Begeistert wurde der Satz von den Medien aufgegriffen und verbreitet. Nach sehr kurzer Zeit wurde in allen Teilen Deutschlands darüber geredet, gelacht oder einfach nur gestaunt. Und - wenn wir ehrlich sind - hat uns dieses Statement doch alle irgendwie überrascht, oder? Es ist schon verwunderlich, dass in einer Gesellschaft, die sich als weltoffen, tolerant und liberal bezeichnet, ein öffentliches Bekenntnis zur Homosexualität solch eine Diskussion hervorrufen kann. Aber Moment mal: gibt es nicht auch einige Prominente aus dem Showbiz, die offen dazu stehen, schwul oder lesbisch zu sein? Dirk Bach, Hella von Sinnen, Georg Uecker oder Weltstar Elton John sind prominente Homosexuelle, die im Rampenlicht und zu ihren sexuellen Neigungen stehen. Mit einem einfachen Kopfnicken registriert der Normalbürger die Homosexualität dieser Prominenter: "Ja, der ist schwul, na und?" Es ist ja auch nichts außergewöhnliches mehr, dass eine Frau eine Frau liebt, oder sich ein Mann zu anderen Männern hingezogen fühlt.

Warum also hat das Bekenntnis Klaus Wowereits dann für solche Wellen gesorgt?
Die Tatsache, dass er prominent ist, reicht nicht aus. Liegt das Besondere dieses Satzes also in der Kürze und Prägnanz, in der Klarheit und Unmissverständlichkeit des Statements? Das wäre sicherlich denkbar. Vielleicht aber ist das Außergewöhnliche an Wowereits Bekenntnis vielmehr der Mensch, der dahinter steht. Denn Klaus Wowereit ist niemand aus dem Showbusiness, kein Künstler also, bei dem mit allem gerechnet werden muss. Wowereit ist Politiker, der Regierende Bürgermeister von Berlin.

Im Rahmen einer Hausarbeit für mein Politikstudium befragte ich Freunde und Bekannte, was sie sich unter einem Politiker vorstellen. Die Antworten lassen sich in etwa wie folgt zusammenfassen: ein Politiker ist ein seriöser, biederer, meist älterer Mann. Und dieses Bild passt nun gar nicht zu den Vorstellungen von einem schrillen, bunten, lebenslustigen Homosexuellen. Politiker und Schwuler - das scheint, betrachtet man die eigenen Vorurteile, irgendwie nicht zusammen zu passen. Die Klischees über beide Personengruppen sind so unterschiedlich, dass es schwer fällt zu glauben, dass ein Mensch beides sein kann. Aber warum eigentlich nicht? Warum kann ein guter Politiker nicht auch homosexuell sein? Die sexuellen Vorlieben sagen ja wohl nichts über politisches Können und Geschick aus. Trotzdem war das Thema in Deutschland bisher lange tabu. Selbst der Chef der liberalen FDP Guido Westerwelle hat seine Homosexualität bis vor kurzem geheim gehalten. Im Streit um die Nachfolge des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Erwin Teufels, zwischen Annette Schavan und Günther Oettinger wurde Frau Schavan wegen angeblicher lesbischer Neigungen massiv diskreditiert. Okay, Baden-Württemberg ist CDU-regiert und daher vielleicht etwas konservativer. Aber trotzdem stellt sich die Frage: Ist Deutschland noch nicht bereit für homosexuelle Politiker?

Klaus Wowereit jedenfalls zeigt seit seinem Regierungsantritt am 16. Juni 2001, dass sich schwul sein und politische Verantwortung keineswegs ausschließen müssen. Er ist einer der angesehensten Bürgermeister des Landes und hat kein Problem, mit seinem Lebensgefährten Jörn Kubicki am Christopher-Street-Day in Berlin teilzunehmen. Außerdem bemüht er sich zur Zeit, die Gay Games 2010 nach Berlin zu holen. Wissen sie übrigens, dass der Bürgermeister von Paris Bertrand Delanoé, ebenfalls schwul ist?
   





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