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Über die Vielsaitigkeit der Gitarre
KULTUR | FESTIVAL (15.06.2006)
Von Tania Pentcheva
Vom 16. bis 28. Mai fand in Münster das Internationale Gitarrenfestival statt. Ziel des Veranstalters war es, die verschiedenen Facetten des Instruments Gitarre zu präsentieren.

Vier experimentierfreudige Männer improvisierten beim ihrem Konzert "The Other Guitar": Ehrhard Hirt (Münster), Hans Tammen, Nick Didkovsky (beide New York) und Mike Cooper (Rom) zeigten, dass ihr verschiedener Zugang zu Musik - von Folk, Blues, Jazz, Filmmusik bis zu welcher vom Computer - ihnen an diesem Abend als kreative Basis diente. Sie spielten E-Gitarren, die sie wie "table-guitars" als Klangerzeuger vor sich hinlegten. Mit Hilfe von Computer, Effekten, Materialien und aller Art Gegenstände in voneinander unabhängigen Rhythmen, hörten wir futuristische Klänge wie aus einer anderen Galaxie. Well.. nicht jeder hat was am Hut mit Musik aus der Zukunft, aber das Publikum war wie in Trance.

Das gab es noch nie bei einem Gitarrenkonzert: das wunderbare, erstklassige St. Christopher Chamber Orchestra aus Vilnius präsentierte drei Uraufführungen - von Komponisten aus Estland, Lettland und Litauen. Der Solist Reinbert Evers und der temperamentvolle Dirigent Donatas Katkus zeigten eine perfekt abgestimmte Zusammenarbeit.
"Songs of Silence" für Gitarre und Streichorchester von Eriks Esenwalds führte uns in melancholische Atmosphäre, die von dem Gitarristen feinfühlig dargeboten wurde. Das Orchester, der Solist und der Dirigent schafften es, Innovatives mit Erfolg zu vermitteln.

Axel Zinovsky's Jazz-Fusion Formation spielte im Kultur-Zentrum CUBA in Münster. Wir wissen, dass Herr Zinovsky bekannten und beliebten Themen eine ganz neue Aura zu geben weiß. Neu im Quintett war Alfred Sicking (Vibraphon), der eine besondere Farbe hinzufügte. Dass man nicht immereine große Formation braucht, um das Publikum zu bezaubern, bewies Axel Zinovsky mit einem Duo-Stück.
Tania Pentcheva

Hiram Bullock und Group im Hot Jazz Club. (c) Tania Pentcheva

Hiram Bullock und Group erfreuten alle Anwesenden mit ihrem funky- Programm und guten Texten über die Realität. Mister Bullock erkannte sehr schnell, warum der Auftrittsort Hot Jazz Club hieß. Er, als ein relativ großer Mann, konnte seinem japano- amerikanischen Temperament Raum nur auf horizontaler Ebene geben.

Meisterkurse für Konzertgitarre

An fünf Tagen fanden im Rahmen des Festivals Meisterkurse mit drei exklusiven Konzertgitarristen statt. Eduardo Fernandes aus Uruguay begeisterte die Teilnehmer mit seinem wundervollen Deutsch und den Kenntnissen über Zusammenhänge zwischen weltlicher und kirchlicher Barockmusik. Shin-ichi Fukuda aus Japan unterrichtete, als ob er ein Orchester dirigierte - bildlich, extrovertiert sowie humorvoll. So etwas vergiss man nie!

In ihrem Duo hatten Fernandes und Fukuda sechs oder mehrere unsichtbare Saiten. Die zwei Kapazitäten haben intensiv miteinander musikalisch "gezaubert" wie die Feuermagier im Zirkus. Dabei waren die Orchestren von Mozart (Ouvertüre zur Oper "La clemenza di Tito" arr. Mauro Giuliani 1781-1829) und Rossini (Ouvertüre zur Oper "Il barbiere di Siviglia? arr. M. Giuliani) mit allen erdenklichen Klangfarben anwesend. Fukudas und Fernandes' Gitarrenkonversation zeigte, wie man die Musik von klassisch bis zeitgenössisch verstehen und interpretieren sollte. Hervorragend. Die Zuhörer waren sprachlos.

Persönlicher Kommentar zu Pavel Steidl

Für mich war Pavel Steidl's Konzert im Erbdrostenhof das interessanteste des Festivals. Die Barockmusik hat er nicht unbedingt nach meinem Verständnis interpretiert, aber alles Andere war außergewöhnlich lebendig und modern vorgebracht. Mister Seidl hat sich in den letzten Jahren auf die Musik des 19. Jahrhunderts spezialisiert. Da er mit Blues und Folk angefangen, später internationale Wettbewerbe für Konzertgitarre gewonnen und mehrere eigene Werke komponiert hat, konnte er demonstrieren, dass seine Technik, Virtuosität und sein Gespür für Musikstil keine Grenzen kennt. Als ich ihn vor Jahren in Großbritannien gehört habe, war ich sehr beeindruckt. Damals war sein Konzert auch das beste im Bath International Guitar Festival. Well done!

Elektrische Gitarre

Wiek Hijmans aus Amsterdam hat seinen Auftritt im CUBA sehr stilvoll in zwei Hälften aufgebaut. Er hat Konzertgitarre in New York, später Jazz in Holland studiert. Mit seiner Gretch Gitarre zeigte er ein breites Ausdrucksvermögen, ausgezeichnete Beherrschung elektronischer Effekte, einen intellektuellen Zugang zum Instrument. In seinem Programm waren auch minimalistische Werke und berühmte Komponisten wie Steve Reich zu hören. Zwei von den Stücken waren mangelhaft an Ideen für seine fabelhafte Technik, ansonsten waren die Zuhörer von Herrn Hijmans angenehm überrascht.

Swing and Groove

Die Legende Ralph Towner, der mit der Gruppe Orgeon Geschichte geschrieben hat, spielte eigene Werke. Er hat uns schöne idiomatische Sequenzen sowie interessante Harmoniekombination dargeboten. Dass seine Musik sich zwischen Klassik, Rock, ethnischen Themen bewegt, macht das Ganze so besonders. Allerdings könnte er ein bisschen sauberer spielen. Und der Saal im Landesmuseum ist vielleicht nicht der richtige Ort für so ein Konzert.

Composer's Portrait war Toru Takemitsu (1930-1996) anlässlich seines 10. Todestages gewidmet. Japanische Musik zu hören, in einem (fast) japanischen Raum (Aikido-Zentrum) mit japanischer Schrift und dem Portrait Morihei Ueschiba auf der weißen Wand, auf Tatami sitzend, brachte eine ganz besonders Note an dem Abend. Es gab eine kurze Demonstration vom Aikido-Klub vor dem Konzert. Das ist etwas äußerst Ungewöhnliches für so eine Veranstaltung.
Musiker aus fünf verschiedenen Ländern haben Takemitsus Klangwelt frei interpretiert. "Towards the Sea" hatte Greenpeace dem Komponisten in Auftrag gegeben. Stephan Schomaker (Gitarre) und Pavel Tseliapniou (Altflöte) haben das Werk mit viel Finesse ausgeführt.

Hola! Allegria y Nostalgia

Der emotionale Höhepunkt des Festivals war Pepe Justicia und seine Flamenco Gruppe. Pepe kannten wir schon in Münster seit 2005 mit seinen einfallsreichen Flamencostücken. 2002 gewann den spanischen Kritikerpreis für die beste CD. Dieses Mal hatte er Untertsützung von Jesus Lopes (Gitarre), Laura Triano und Jose Fernandez (beide Gesang), Ana Maria Blanco (Tanz). Vor dem Konzert sagte Christian Holzapfer vom Veranstalter "Pro Gitarre": "Hier geht die Post ab!" Das Pumpenhaus war leider viel zu klein für alle Interessierten, die hinein wollten. Die Gruppe präsentierte eine temperamentvolle Kunst aus Andalusien - wie Feuer und Asche, wie Gefühl und Ansteckungskraft. So eine Intensität für alle Sinne erlebt man bestimmt nicht häufig. Das Publikum applaudierte mit Händen, Stimmen und Füßen. Münster kann sich freuen, wenn Pepe Justicia und Gruppe auch im nächsten Jahr wieder bei dem Festival auftreten.

Weiterführende Links
http://www.progitarre.dePro Gitarre e. V.
   




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