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Die Idee ist alles
WIRTSCHAFT | EXISTENZGRÜNDER (23.02.2011)
Von Sarah Khalil
Was haben die Anlagebank für Frauen, die Schmorpfanne in Form einer Blume und die lukrative Meerschweinchenzucht in der Privatwohnung gemeinsam? - All diese Dinge gibt es nicht. Sie waren mal irgendwo in Deutschland geplant, doch erwiesen sich schnell als Flop.

photomania/pixelio.de

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Damit beweisen sie, was Niko Ritter, Inhaber des Existenzgründungsbüros Münster, nicht oft genug wiederholen kann: Auf die Idee kommt es an. Sie ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts.

Der Diplom-Ökonom Ritter hat die professionelle Bewertung von Konzepten zum Beruf gemacht. Sein Büro ist eine von vielen offiziell anerkannten fachkundigen Stellen, die begutachten dürfen, ob ein Geschäftsmodell tragfähig ist. „Ich nehme mich nur der Ideen an, die meiner Ansicht nach Erfolg haben könnten“, stellt er klar. Schließlich fällt der Erfolg oder Misserfolg seiner Kunden auch auf ihn zurück. Neben dem Bauchgefühl – das wohl auch Laien bei den oben genannten Plänen eher abrät – helfen ihm ein klares Schema und jahrelange Berufserfahrung zu erkennen, ob ein Interessent wirklich Chancen als Selbständiger hat.

Kritischer Blick aufs Geschäftsmodell

Ritter nimmt seine Klienten in die Zange, um festzustellen, ob Gründer und Projekt zusammenpassen. Denn nicht jeder, der zum Beispiel gerne Filme sieht, sollte auch ein Kino eröffnen. Wer das Hobby zum Beruf machen will, übersieht im Enthusiasmus schon mal die Schwächen seines Plans. Daher ist eine kritische Beratung komplex: „Ich muss meinem Kunden möglicherweise erst klarmachen, dass er gar keine konkrete Idee hat, sondern noch auf der Suche ist.“ Dazu versucht Ritter nicht, dem Gründer seine Vorstellung auszureden. „Vielmehr gebe ich ihm Argumente dafür, warum er nicht der Richtige für das Projekt ist“, erläutert der Experte seine Strategie. Sie kann vielleicht so manchen Traum zerstören. Vor allem aber verhindert sie Albträume und hat oft Erfolg. „In der Regel erkenne ich auch bei einem fremden Kunden durch Fragen innerhalb von einer Stunde, ob der in der Lage ist, seine Vorstellung umzusetzen.“

Dabei haben all jene gute Chancen, die genau wissen, wohin sie wollen und ihr Ziel mit langem Atem verfolgen. „Wer selbst nicht von seinem Vorhaben überzeugt ist, wird scheitern“, beschreibt Ritter die größte Gefahr. Denn viele Existenzgründer müssen eine Durststrecke von einigen Monaten überbrücken, ehe ihr Geschäft startet und selbst dann sind sie oft noch nicht wirtschaftlich erfolgreich. Deshalb sollte sich das Konzept vor der Geschäftseröffnung immer wieder bewähren. Es ist die Grundlage, auf der Alleinstellungsmerkmale und Nutzen neuer Produkte überprüft werden. Erst danach kann man sehen, ob es für die eigene Ware eine Zielgruppe gibt und, wie man diese erreicht. Sind diese Fragen geklärt und die Idee hat weiterhin Bestand, schreibt sich der Businessplan von selbst. Erst dann können sich Gründer um Bankkredite und Förderungen kümmern. „Entsteht bei einem dieser Schritte ein Problem, führt das zum Abbruch des Plans“, warnt Ritter.

Ein zweites Risiko für Gründer ist, zu viel auf einmal zu wollen. Deshalb rät Ritter davon ab, mehr als zwei Ideen in einem Business-Plan zusammenzufassen, die nicht direkt miteinander zu tun haben. „Nehmen Sie als Beispiel eine Gründerin, die Massagen verschreibt und zugleich Selbstverteidigungstraining anbietet.“ Sie spricht zwei Zielgruppen gleichzeitig an, die nichts miteinander zu tun haben. Das muss scheitern, weiß Ritter aus eigener Erfahrung „Schließlich habe ich mich ja auch mal selbständig gemacht“, berichtet er schmunzelnd. Ganz bewusst hat er seine Firma Existenzgründungsbüro und nicht allgemein Wirtschaftsberatung genannt. So hat er deutlich gemacht, dass seine Kollegen und er sich allein für alle Schritte der Gründung interessieren – vom vagen Gedanken bis zum Öffnen der Ladentür.

Ohne Kredit auskommen

Die dritte Hürde für Gründungswillige ist das Geld. Im Gegensatz zu dem, was man angesichts des allgemeinen Jammerns über die Kreditklemme denken könnte, ist die Projektfinanzierung Ritters Erfahrung nach eher ein kleines Problem: „Ich würde sagen, dass mindestens die Hälfte aller Gründungen ohne Darlehen ohne Kreditfinanzierung stattfinden, zumindest wenn ich mir meinen Kundenkreis anschaue.“ Diese Klienten planen eine Ein-Personen-Gründung, das heißt entweder reicht das Eigenkapital aus, oder der Kreditbedarf ist so gering, dass das Geld von Familie oder Freunden kommen kann.

Deutlich schlechter stehen hingegen arbeitslose Gründer dar. Theoretisch haben sie die gleichen Chancen wie Angestellte, da sie spezielle Darlehen nutzen können. In der Praxis stehen sie dennoch oft vor größeren Problemen: Sie haben weniger Geld und sind mit ihrem Leben oft deutlich unzufriedener als Angestellte. „Sie sind in einer Notsituation und das führt dazu, dass jeder Strohhalm eine Größe bekommt, die er eigentlich nicht verdient“, glaubt Ritter. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass ihr Geschäftsmodell einer kritischen Bewertung standhält.
   





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