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A wie Aids, C wie Cape Town
GESELLSCHAFT | ENTWICKLUNG IN SÜDAFRIKA (15.12.2007)
Von iley Redaktion
Sex ist in Afrika mit anderen Augen zu betrachten als in Europa. Es ist Waffe, Arbeitsmittel, traditionelle Unterdrückung, Lebensgefahr...

Nirgendwo fand ich den Akt um den Akt so breit gefächert wie hier in Kapstadt. Sexuelle Gewalt in der Familie (mikro) und in der Gesellschaft (makro) hält nicht nur die HIV-Infektionsrate ganz oben. Hier in Südafrika wird jedes dritte Mädchen,
photocase.com, Benutzer Søren

Selbst davon rennen gibt keine Sicherheit vor Vergewaltigung. (c) photocase.com, Benutzer Søren

wird jeder vierte Jungen sexuell missbraucht. Jede zweite Frau muss damit rechnen, mindestens einmal in ihrem Leben vergewaltigt zu werden. Eine Gesellschaft, die Täter, Opfer und zu Tätern gewordene Opfer fast maschinell anmutend zu reproduzieren scheint.

In einigen ländlichen Regionen verlangt es die Tradition, dass eine Witwe nach dem Tode ihres Mannes mit den männlichen Angehörigen desselben schläft, um sich zu reinigen.
Nicht nur sie ist in Gefahr, in die Fänge der drei großen Buchstaben zu geraten. Hat Kandidat zwei den Virus, werden sich ab Kandidat drei auch alle weiteren über das stumme, unsichtbare Mitbringsel freuen dürfen. Die beste und am häufigste genutzte Entschuldigung ist entweder "die Verführung durch den Teufel" oder aber, dass es der Wille des einen oder anderen Gottes sei.

Und wo wir schon einmal bei Gott sind...
Für manche ist HIV ohnehin SEINE gerechte Strafe, Schock und Läuterung.
Nemesis und Katharsis. Deshalb wird hier auch ganz unablässig Abstinenz oder zumindest die Aufgabe der Promiskuitaet gepredigt. Traurig nur, dass sich die Realität nun einmal nicht verbiegt, um in den goldenen Käfig des Ideals zu passen. Genauso diskussionsbedürftig bleibt dann konsequenterweise auch die legale Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs für Mädchen ab dem 12. Lebensjahr.
Nahezu unabwendbar und eng verbunden scheint die Drogenspirale, die sich ins Unendliche zu winden bemüht. Drogen sind nicht nur der Weg der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die auf den Straßen und in den Slums Vergessen suchen. Von Klebstoff bis hin zu Chrystal, hier Tik genannt, wird alles zur Berauschung genutzt, alles, wirklich alles dafür getan, den nächsten Rausch zu organisieren. Genau das macht diese Abhängigen so gefährlich.

Fuckingfunbackpackertouristen

Darüber hinaus gibt es in Cape Town eine stark gewachsene Kultur des Partydrogensexsports, dem besonders von Mittelklassekindern und Fuckingfunbackpackertouristen ausgiebig gefrönt wird. Regelmäßig sucht man sich hier am Wochenende zu stampfenden Housebeats das geschlechtsfähige Gegenüber, um beiläufigen, meist ungeschützten Sex zu haben.
Wird da ein Muster offenbar?

Auch in der so genannten Bildungsschicht wäre ich mir über das Bewusstsein über den Virus nicht so sicher. Ganz klar scheint man hier Stigmatisierungsprozesse und deren Folgen erkannt zu haben. Doch anstatt nun endlich ernsthaft umzudenken und zum Kern der Sache vorzudringen, engagiert man sich in HIV/AIDS-Awareness Groups, klemmt sich die Schleife ans Revers und fühlt rechtschaffene Empörung, die einen nachts gut schlafen lässt. HIV und AIDS sind Themen der Öffentlichkeit.

Der eigene Status jedoch wird zur Privatsache, die nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch den möglichen nächsten Geschlechtspartner oder die nächste Partnerin nichts angeht.
Man marschiert für Tier- und Menschenrechte und verdrängt die Tatsache, dass bewusster ungeschützter "Verkehr" bei bekanntem eigenen positivem Status nicht nur in Südafrika den Straftatbestand des versuchten Mordes erfüllt. Verdrängung und Gleichgültigkeit richten hier ein unblutiges Massaker an.

Doch man feiert und feiert und feiert sich selbst. Die Party-Community rockt und rolled sich von einer windigen Kap-Nacht zur nächsten, nicht eine verweht, in der die Long Street, Touristen-, Party- und Ladenmeile Cape Towns, welche ihren Namen nicht zu Unrecht trägt, nicht voll von Menschen ist, die vom harmlosen Feierspaß bis hin zu allem anderen alles suchen und in der Regel ohne größeren Aufwand auch bekommen.
Hier wird auf dem Vulkan getanzt und diejenigen die stolpern, die sind selbst schuld und schnell vergessen. Dafür gibt es viel zu viele Tänzer hier.
Cape Town.
Mother City.
Mother of what?
   







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