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Drei Naturerlebnisse in einem
UMWELT | AUS DEM HOHEN NORDEN (30.04.2017)
Von Boje Maaßen
Unser Autor nimmt uns mit auf einen sinnlichen Spaziergang durch sein "Revier" und berichtet von einem Verstoß gegen die "Hundlichkeit".

Tarup, wo ich wohne, war ursprünglich ein kleines Dorf südlich von Flensburg, ist aber seit 1974 in Flensburg eingemeindet. Den Dorfcharakter hat es inzwischen weitgehend verloren. Einen eigentlichen Kern hat es nicht mehr, auch sind inzwischen keine markanten städtebaulichen Akzente gesetzt worden. Stattdessen bilden die zusammenhanglosen Einzelhäuser gleiche Straßen ohne Geschäfte und öffentliche Gebäude. Ein Bäcker und ein Tante-Emma-Laden versuchen tapfer, der vorherrschenden Monotonie entgegen zu wirken. Leider liegt die sehenswerte romanische Kirche Sankt Johannis an der Peripherie Tarups, so dass sie die Kernlosigkeit nicht ausgleichen kann.
Aber Tarup ist immer noch von landwirtschaftlich genutzten Feldern umgeben, deren Ausdehnung sich allerdings durch die Ausweisung neuer Baugebiete ständig verkleinert. Man hat aber immer noch die Möglichkeit, sich in naturnahen Bereichen aufzuhalten. Da ich in Flensburg fast nur zu Fuß gehe oder Rad fahre, versuche ich die Strecke möglichst nahe an diese "Naturgeschenke" zu legen.
Trotz einiger Kälteeinbrüche meldet sich - wie überall - auch in Tarup die Natur dreifach: Zum einen ist es die sinnlich wahrnehmbare äußere Natur, die ich an der Beek und am Stadionweg erlebe. Das ist mein alltägliches Natur-Revier. Die Beek ist ein kleiner Bach, der in die Flensburger Förde mündet. Weil seine Ufer dicht mit Erlen bepflanzt sind, empfinde ich ihn als geheimnisvoll, denn jeder Anblick ist spezifisch und immer wieder überraschend. An seinem Ufer führt ein Weg entlang.
Es gab hier auf Grund des Einsatzes eines Hobbyornithologen Eisvögel, seit nunmehr drei Jahren habe ich aber keine mehr gesehen. Der Stadionweg geht von der Beek im rechten Winkel ab. Sein Weg ist von Mirabellenbäumen, Schlehen und Forsythien gesäumt. Diese sind nicht nur schön anzusehen, sondern riechen auch noch gut. Der Boden ist mit Frühblühern wie Scharbockskraut, Waldanemonen, Huflattich, vereinzelt mit Löwenzahn und Narzissen bedeckt. Selbst die Erde beginnt zu duften, wobei ich an den Schlager "Es liegt was in der Luft" von Bully Buhlan lebhaft erinnert werde - lang ist es her.

Begegnungen mit Hunden und Hundehaltern

Gleichzeitig "neben" dieser äußeren Natur gibt es aber auch noch eine weniger sichtbare, jahresunabhängige Natur in allen Lebewesen: Wachstum, Naturgeräusche, Farbenvielfalt. Am Sportplatz treffe ich viele Hunde, von denen ich insbesondere zu zweien ein besonderes Verhältnis habe: Ein Setter, der sich unbändig freut, sobald er mich sieht. Er hopst wie ein Gummiball hoch und runter, springt mich an und leckt mich beständig ab. Ganz sauber komme ich aber aus dieser Begegnung nicht raus, aber das ist mir egal, denn die Vorteile überwiegen eindeutig, Allerdings habe ich ihn in Verdacht, dass er sich mit derselben Intensität auch bei anderen Begegnungen freut. Da muss ich also noch teilen lernen.
Der zweite Hund ist zwar kein Fan von mir, aber ich von ihm. Es handelt sich um eine französische Bulldogge, bei deren Anblick ich hinschmelze. Aber während dieses Schmelzvorgangs meldet sich in mir gleichzeitig mein ehemaliger Biologielehrer, der konsequent die Überzeugung äußerte, dass eine solche Zucht schlicht ein Verstoß gegen die Hundlichkeit sei. Diesen Begriff benutzte er in Analogie zur Menschlichkeit. Recht hat er, aber trotzdem kann dieses Argument meine unbrechbare Zuneigung zu dieser Rasse nicht schmälern.
Im Laufe der Zeit haben sich viele interessante Gespräche mit Hundehaltern entwickelt, die inzwischen längst nicht mehr allein Hundethemen zum Inhalt haben, sondern von Alltagsproblemen, politischen Themen bis hin zu philosophischen Einsichten reichen. Dass es auch sehr hübsche Hundehalterinnen gibt, bildet kein Kommunikationsproblem - im Gegenteil.
Der dritte Bereich der Naturaktivierung liegt in meinem Inneren, denn wenn die äußere Natur aufblüht und Lebewesen sich freuen, beginnt sich auch meine eigene, innere Natur zu regen. Das damit einhergehende Gefühl ist schwer zu beschreiben. Es ist auf jeden Fall wohlig. Ich sage dann uneingeschränkt Ja zu diesem Gefühl und zu der Situation, die es auslöst. Alles ist schön. Und es durchströmt mich der Wunsch, aktiv zu werden - fast eine Neugeburt.
   

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